Full text: Besonderer Teil (6. Band, 2. Teil)

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Oberstufe, 
[1uß der Erdrotation zu berücksichtigen. Denn dieser bedarf ganz 
anderer Gedankengänge und Veranschaulichungsmittel. Gehen wir aus 
von der Zeichnung eines Minimums. Es soll so auf der Erde ausgeprägt 
sein, daß der Mittelpunkt sich mit dem Nordpol deckt, die Isobaren den 
Breitenkreisen gleichen. Nun erinnern wir an ein Karussell auf dem Jahr- 
markt. Die Drehungsachse liegt im Nordpol; das Grundbrett mit den Pferden 
ist die rotierende Erdoberfläche; eine Spielkugel auf den äußeren Rand ge- 
legt versinnlicht ein ruhendes Luftteilchen über der Erdoberfläche. Da die 
Lufthülle ein Teil der Erdkugel ist, macht sie die Rotation mit. Jetzt 
stoße ich die Kugel an, und zwar in der Absicht, sie genau radial nach dem 
Drehungspunkt zu befördern. Was geschieht? Die Kugel folgt zwar meinem 
Stoß; sie unterliegt aber gleichzeitig der Schwungkraft, die am Außenrande 
des Brettes stärker wirkt als weiter innen. So weicht sie von ihrer radialen 
Bahn ab, und zwar in der Drehungsrichtung vorauseilend. War der Weg 
zum Drehpunkt nicht weit, so erreicht sie ihr Ziel, wenn auch auf einem Um- 
wege, einer gekrümmten Bahn. Es läßt sich aber auch ohne weiteres der 
Fall denken, daß die Ablenkung schließlich die Kugel in eine neue Kreisbahn 
zwingt. 
Logisch müßte man nun das Buys Ballotsche Gesetz entwickeln: Der 
Wind strömt auf der Nordhalbkugel vom barometrischen Maximum in rechts 
gerichteten Spiralen ab und dem Minimum in linksdrehenden Spiralen zu, 
Didaktisch ließe es sich aber recht wohl verteidigen, damit zu warten, bis 
die planetaren Luftströmungen des Erdballes besprochen sind. Denn letztere 
zeigen den Rotationseinfluß reiner und deutlicher. Entwickeln wir nun 
deduktiv die großen Luftbewegungen über der Erde und nehmen hierfür 
zunächst eine gleichmäßig mit Wasser bedeckte Kugel an. Über dem Äquator 
ruft die gleichmäßige Wärme eine dauernde Auflockerung, ein Aufsteigen 
von Luft, hervor: Zone der Windstillen oder Kalmen. Oben erfolgt das 
Abströmen nach beiden Polen zu, auf der Nordhalbkugel also als in großer 
Höhe wehender Südwind. Die Drehung der Erde läßt ihn vorauseilen nach 
Osten (Karussell!); er wird zum Südwest. Er kühlt sich ab, senkt sich, 
und wir beobachten unter etwa 30° ein zweites Windstillengebiet, diesmal 
mit absteigender Luft. Der Ausgleich zwingt diese Luft, über dem Erdboden 
zurück zum Äquator zu eilen, von Nord nach Süd oder wegen des Zurück- 
oleibens von Nordost nach Südwest: Passatzone. So spielt sich ein voll- 
ständiger Kreislauf bereits innerhalb der Tropen und Subtropen ab. Warum 
umfaßt der Kreislauf nicht auch die gemäßigten und kalten Gebiete? Wir 
erinnern wieder an das Karussell: Der Oberstrom ist bei etwa 35° bereits 
soweit nach Osten abgelenkt, daß er zum völligen Westwind wird; die 
bereits erwähnte Senkung, das Herabgleiten des Oberstromes, verursacht 
in gemäßigten Breiten eine Zone vorherrschender Westwinde unmittelbar 
über dem Erdboden. Sie ist auf der ozeanischen Südhemisphäre klarer aus-
	        
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