Full text: Besonderer Teil (6. Band, 2. Teil)

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Oberstufe. 
Der Föhn in der Schweiz nach Tschudi. 
Am südlichen Horizont zeigt sich leichtes Schleiergewölk, das sich an 
die Bergspitzen setzt. Die Sonne geht am stark geröteten Himmel bleich 
und glanzlos unter. Noch lange glühen die Wolken in den lebhaftesten Pur- 
purfarben. Die Nacht bleibt schwül und taulos, von einzelnen kälteren 
Luftströmen strichförmig durchzogen; der Mond hat einen rötlichen, trüben 
Hof, Die Luft erhält den höchsten Grad von Klarheit und Durchsichtigkeit, 
so daß die Gebirge viel näher erscheinen; der Hintergrund nimmt eine bläu- 
lichviolette Färbung an. Von fern her tönt das Rauschen der oberen Wälder; 
die Bergbäche tosen mit größerer Schmelzwasserfülle weithin durch die 
stille Nacht. Ein unruhiges Leben scheint überall rege zu werden und dem 
Tale sich zu nähern. Mit einigen heftigen Stößen, die besonders im Winter, 
wo er ungeheure Schneeflächen bestreicht, erst kalt und rauh sind, kündet 
sich der angelangte Föhn an, worauf plötzlich tiefe Stille der Lüfte folgt. 
Um so heftiger brechen die folgenden heißen Föhnfluten ins Tal und schwellen 
oft zu rasenden Orkanen an, die 2—3 Tage mit abwechselnder Gewalt herr- 
schen, die ganze Natur in unendlichen Aufruhr versetzen, Bäume brechen, 
Felsstücke losreißen, die Waldbäche auffüllen, Häuser und Ställe abdecken 
— ein Schrecken des Landes. In den Talteilen, die der südlichen Bergmauer 
zunächst liegen, wütet der Föhn gewöhnlich am heftigsten. Hann fügt 
hinzu: Menschen und Tiere leiden unter dem Einflusse dieses heißen Windes. 
Er wirkt abspannend auf die Nerven und drückend auf das Gemüt. Sorg- 
sam wird das Feuer des Herdes oder Ofens gelöscht. In vielen Tälern ziehen 
die Feuerwachen rasch von Haus zu Haus, um sich von jenem Auslöschen 
zu überzeugen, da bei der Ausdörrung des Holzes, die der Wind erzeugt, 
leicht ein großes Brandunglück entsteht. Dennoch wird der Föhn besonders 
im Frühling mit Freuden begrüßt; denn er bewirkt rasch warme Schnee- 
und Eisschmelzungen und verändert mit einem Schlage das Bild der Land- 
schaft. Im Grindelwalde schmilzt der Föhn oft in 12 Stunden eine Schnee- 
decke von mehr als 2 Fuß Dicke weg. Er ist der rechte Lenzbote und wirkt 
in 24 Stunden so viel als die Sonne in 14 Tagen. Ja er ist in vielen schattigen 
Hochtälern geradezu die Bedingung des Frühlings, wie er an manchen Orten 
der Ebene im Herbste die Zeitigung der Traube bedingt. 
I Meereskunde. 
Ähnlich wie die Klimalehre ist auch die Meereskunde erst auf der Ober- 
stufe, unter Verwertung physikalischer Kenntnisse, dem Schüler nahezu- 
bringen. Ihre zusammenhängende Behandlung ist um so nötiger, als inner- 
halb der länderkundlichen Belehrungen auf früheren Stufen die Weltmeere 
nur selten erwähnt werden, Als Hauptquellen für die Vorbereitung des 
Lehrers dienen:
	        
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