Das türkische Reich im alten Umfange.
Wolle, Pflanzenöle, Erze und Petroleum liefern kann und das uns Industrie-
erzeugnisse abkauft.
4. Deutsches Kapital brauchte ein in aufsteigender Entwicklung be-
zriffenes Land als Betätigungsfeld.
Alle diese Wünsche konnte die Türkei aber nur erfüllen, wenn sie poli-
tisch und wirtschaftlich stark war. Daraus ergab sich für Deutschland
die Aufgabe, die Türkei in jeder Beziehung zu kräftigen, sie in
ihren Bemühungen um Lösung ihrer eigenen Zukunftsaufgaben zu unter-
stützen, also:
ı. Anlegung von Mustergütern (nicht aber von größeren deutschen
Bauernkolonien!), künstlicher Bewässerung, Gründung landwirtschaftlicher
Schulen, Lieferung landwirtschaftlicher Maschinen.
2. Beteiligung an der Schaffung eines guten Verkehrsnetzes durch
Kapital und Ingenieure.
3. Förderung des gegenseitigen Handels durch gemeinsame Handels-
und Gewerbekammern, durch gewissenhafte Auskunftsstellen.
4. Teilnahme an der wissenschaftlichen Erforschung des Landes als
Grundlage der wirtschaftlichen Pläne (Schaffung einer Volkszählung, Wirt-
schaftsstatistik, Wetterbeobachtung, topographischer und geologischer Karten).
5. Bau von Krankenhäusern und Säuglingsheimen, Stellung von Ärzten
ınd Krankenschwestern.
6. Viel größere Beteiligung an der Hebung der Volksbildung. (Von 1100
fremden Schulen in der Türkei waren beim Ausbruch des Weltkrieges
360 französisch, 273 amerikanisch, 126 englisch, 69 italienisch, 56 russisch,
nur 27 deutsch; von den 90000 Schülern besuchten nur 3000 die deutschen
Schulen!)
Die Hebung der Türkei wird nur langsam vonstatten gehen; unsere
Hilfe wird vielleicht nicht immer in der richtigen Form erfolgen und auch
aicht immer ohne Mißtrauen aufgenommen werden. Das liegt in dem tief-
zreifenden Unterschied europäischer und orientalischer Kultur, christlicher
ınd mohammedanischer Weltanschauung. Diese Kluft muß überbrückt
werden durch gegenseitiges Sichkennenlernen. Mittel hierzu sind:
1. Gründung von Studiengesellschaften (Deutsche Vorderasien-Gesell-
schaft, Deutsch-türkische Vereinigung).
2. Gute Fach- und Tageszeitungen (Deutsche Levantezeitung).
3. Aufklärung durch Unterricht, Wanderredner, Kinos, Büchereien.
4. Studienreisen Einzelner und größerer Gruppen.
5. Aufnahme junger Türken in reichsdeutsche Schulen, Universitäten,
Gewerbebetriebe, Bauerngüter.
6. Reiche Gelegenheit zur Erlernung der türkischen Sprache bei uns,
der deutschen in der Türkei; Ausschaltung der französischen Sprache und
der damit verbundenen Lebensauffassung.
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