Full text: Besonderer Teil (6. Band, 2. Teil)

Vaterlandskunde in Sexta. 
Natürlich führen auch die Verfechter des preußischen Lehrganges Gründe 
für ihre Ansicht ins Feld. Man sucht sie zunächst in der Natur des kind- 
lichen Geistes, der von der Heimat fort nach dem Fremden, Unbekannten 
strebt. Es liegt etwas Wahres in diesem Einwand, wenn man vor allem den 
Nachdruck nicht auf die Größe der räumlichen Entfernung, sondern auf das 
Ungewohnte, Abenteuerliche legt. Wer es versteht, in die Betrachtung des 
Heimatlichen etwas persönlichen oder gar dramatischen Einschlag zu bringen, 
wer nicht nur Gegenden beschreibt, sondern Handlungen, Erlebnisse 
einflicht, der wird die natürliche Abenteurer- und Entdeckerlust auch bei der 
erdkundlichen Durchnahme des Vaterlandes befriedigen können. Viel wich- 
tiger erscheint der zweite Grund, der sich aus den allgemeinen Unter- 
richtszielen ableiten läßt: Der übrige Unterricht der Unterstufe 
kann nicht völlig auf einige Kenntnisse der außerdeutschen Welt 
verzichten. Die Bibelkunde hat ihren Schauplatz in Palästina, Ägypten, 
Babylonien, die alte Geschichte im Mittelmeergebiet; die Naturgeschichte 
behandelt Lebewesen aller Länder und Zonen. Wir müssen es den Reform- 
bestrebungen auf den genannten Fachgebieten überlassen, wie sich von 
ihnen aus die Schwierigkeiten beseitigen oder wenigstens mildern assen, Wenn 
sich alle Fächer stärker heimatlich einstellen, wird man mit gutem Gewissen 
auch die unorganisch eingefügte Globuslehre aus Sexta verbannen können. 
Nur der Umstand, daß Preußen an ihr zurzeit noch festhält, veranlaßt uns, 
in folgendem wenigstens einige Hinweise zu geben, wie man die Abschweifung 
auf das denkbar geringste Maß beschränkt. 
Nach Größe und Grenzen käme zur Vervollständigung des Gesamtein- 
drucks das Kapitel Lage — und hier machen wir jenen unvermittelten Sprung 
aus der Vaterlandskunde in die weite Welt, geben jenen länderkundlichen 
Überblick. den wir mit Lampe eine Gewissensbeschwichtigung genannt haben, 
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4. Ein Blick in die weite Welt. 
Wir bescheiden uns von vornherein damit, daß die ganze Darbietung im 
wesentlichen eine Kartenlesübung, eine Einprägung von räumlichen 
Beziehungen, aber nicht ein tieferes Eindringen in die Natur 
der verschiedenen Länder und Völker sein kann. Die erste Vor- 
bedingung ist deshalb für den Lehrer, den gesamten Lehrplan auf erdkundliche 
Bedürfnisse hin zu durchsuchen und mit den verschiedenen Fachvertretern 
Fühlung zu nehmen. In erster Linie kommen in Betracht: die Stätten der 
biblischen Geschichte, der Sagenstoffe, die im Geschichtsunterricht der Sexta 
geboten werden, der Inhalt des fremdsprachlichen Übungsbuches, das meist 
einige kleine Lesestücke über das betreffende Land enthält, die Naturkunde, 
für die bisher der Zonenbegriff wichtig war. Der Lehrer der Erdkunde setzt 
natürlich voraus, daß die Vertreter der einzelnen Fächer ihm nicht gedanken- 
los das ganze mühsam aufgebaute System wohlüberlegter Fortschritte ein-
	        
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