Full text: Öffentliche Bauten

\lter Taurm 
Fischers, deren Reihe wir abschließen mit der schon 
in die Stuttgarter Wirksamkeit hinüberleitenden 
Schule an der Heusteigstraße in Stuttgart. Hier ist 
die horizontale Tendenz zu jener mächtigen Wirkung 
yesteigert, wie bei der Münchener Elisabethschule 
die vertikale, und zugleich doch die beträchtliche 
1öhe des Hauses zu starker Anschaulichkeit gebracht 
durch die zwei kurzen, direkt an die Straße vor- 
retenden Flügel an den Enden der Fassade, mit 
der sie einen schmalen, nach vorn durch eine 
1iedrige Mauer abgeschlossenen Hof einfassen. Nicht 
ıur chronologisch gehört diese Stuttgarter Schule 
nit Fischers Schöpfung in Jena zusammen (die Ent- 
würfe müssen fast gleichzeitig entstanden sein), sie 
verbindet auch innerlich die früheren Schulbauten 
nit dem Universitätsgebäude, das ja der Sache nach 
auch einen, freilich aufs reichste ausgebildeten 
Schulhaus-Typus darstellt. 
* 
Es braucht nun nicht erst besonders gesagt zu 
werden, daß Fischer durchaus nicht so etwas wie 
Jeherreste des alten Turms. 
ein Spezialist für Schulbauten war. 
Neben den Schulen entsteht eine Reihe 
von Kirchen, beginnend mit . der 
Schwabinger Erlöser-Kirche (1899 bis 
1901), die in freier, erfindungs- und 
detailreicher Weise den ältesten, roma- 
nischen Dorfkirchenstil Oberbayerns 
“ortbildet; ihr folgen, schon in der 
Stuttgarter Zeit, die einfache, aber 
poesievolle Kirche von Gaggstadt, die 
>benfalls sehr einfach gehaltene Stutt- 
garter Erlöser-Kirche, voll herber Origi- 
aalität, und endlich die (im Herbst 1910 
vollendete) große Garnisonskirche in 
Ulm mit grandios gestaltetem Innen- 
vaum, bei dem die technischen Mög- 
ichkeiten des Eisenbetons im Dienst 
achter Monumentalität verwendet 
wurden. In die Münchner Zeit gehören 
ıoch u. a. ein paar Landhäuser, von 
denen eines, in Pasing, ganz aus 
lem Charakter der offen liegenden Villenstadt heraus 
zebildet ist, ein anderes, enz von Waldesgrün um- 
yebenes, so recht die Stimmung weltferner, baum- 
ımrauschter Einsamkeit verkörpert. Außer dem 
3ismarckturm am Starnberger See (wohl dem popu- 
ärsten Bismarckdenkmal neben dem in Hamburg) 
ınd einigen anmutigen Zierbrunnen sind dann 
;ndlich noch die drei neuen Isarbrücken zu nennen, 
':owohl wegen ihrer großzügigen Gesamtanlage, wie 
wegen ihres, mit der Architektur zu voller künst- 
erischer Einheit verschmolzenen plastischen Schmucks. 
>»ie mögen uns, da die Brücke zugleich Bauwerk 
und Straße ist, noch einmal daran erinnern, daß 
"ischer einen Hauptteil seiner amtlichen Tätigkeit 
n München den Entwürfen für Ausbreitung des 
s>traßennetzes und für die Bauordnung der bayerischen 
Mauptstadt zu widmen hatte. Und diese Erinnerung 
st hier nicht überflüssig: als er an die Arbeit für 
len Jenaer Wettbewerb herantrat, da betrachtete er 
las Haus, das er erbauen wollte, nicht als ein Wesen 
‚ür sich: — er faßte die Aufgabe vor allen Dingen 
inter dem Gesichtspunkte des Städtebaues. 
„Auf monumentale Durchbildung des Baues, 
xlare und übersichtliche Anordnung, sowie genügende 
Tagesbeleuchtung aller Räume, Flure und Treppen 
st besonderer Wert zu legen. Die Architektur des 
Gebäudes ist dem Stadtbilde anzupassen.“ So lautete 
Punkt 2 der Bedingungen in dem Wettbewerb- 
Ausschreiben; und aus diesen Forderungen entwickelte 
sich Fischer sein Programm. Sollte die Architektur 
dem Stadtbilde sich harmonisch einfügen, so mußte 
die Stadt, deren geistigen Mittelpunkt die Universität 
aildet, als ein malerisch-architektonisches Ganzes in 
sich, wie in ihrer landschaftlichen Umgebung betrachtet 
werden. Aus der Eigenart dieser Umgebung, dem 
nahen Herantreten steil ansteigender Berge an den 
Stadtkern, ergab es sich, daß der Architekt zunächst 
darauf besondere Rücksicht nahm, wie sich die 
3augruppe dem Blick von der Höhe herab darstellen
	        
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