Full text: W - Wegzwitschern (13. Band)

W. 
W, der zweiundzwanzigste oder wenn I und J besonders gezählt 
werden, der dreiundzwanzigste buchstabe unseres alphubets. er 
hal jetzt überwiegend die aussprache eines labiodentalen siimmhaften 
reibeluuts, doch ist vielfach auch rein labialer spirant zu hören 
(namentlich nach sch und in qu) und in Mittel- und Süddeutsch- 
land (wo das reibungsyerdusch z. th. ein schr geringes isl) ist diese 
aussprache die gewöhnliche. ursprünglich aber ist er, wie auch die 
wiedergube durch gu im romanischen zeigt, als hulbvocal, dem 
englischen w entsprechend, gesprochen worden; wann die ver- 
Änderung sich vollzogen hat, läszt sich schwer feststellen, doch 
deutet manches darauf hin, namentlich die verlauschung von w 
und b (s. nachher), dusz sie schon in mhd. zeit weit um sich 
gegriffen hat, die angaben der grammaliker des 16. jahrh. lassen 
für die dumaliye zeit die jelzige ausspruche annehmen. Jordan 
(bef MPLLER quellrnschriflen 114) sagt? das w...ist auch am 
laut dem b nit fast ungleych, allein dasz das w eyn wenig 
linder im auszsprechen dann das b gehöret wird und nennt 
es einen athemn, wie man heysse kost bläszt. — der buchstabe 
ist nicht wie die übrigen dem lateinischen alphabet entnommen, 
sondern innerhalb des deutschen entwickelt und aus zwei ver- 
bundenen v yebildet, q ahd. zeit wird meist uu, daneben auch 
uv, vu, VV geschrieben, nach consonunten pfleyl einfaches w yrsrtzt 
zu werden Ss. GRimM gramm. 1,113 neudruck. BRAUNE ahd. gramm. 
5 105. auch die beneunung ist anfangs schwunkend; zuweilen 
Ändet sich dafür nach dem gricchischen Wau, was späler mil 
verdnderter aussprache auf das v überging. ICKELSAMER (bei MÜLLER 
141) sagt: das arın w ist so unmer und unbekannt, dasz 
man schier weder seinen namen nuch sein gestalt waiszt, 
die Lateiner wöllen sein nit, wie sy dann auch sein nit be- 
dürffen, so wissen die Teütschen sonderlich die schülmaister 
hoch nitt was sy mit im machen oder wie sy in nennen 
sollen, an ettlichen enden nennet man in we, die aber ein 
wenig latein haben gesehen, die nennen in mit zwaien unter- 
echidlichen lauten uw auff ainander, also uu... die Schwaben 
NENNEN in auwawau, Wwiewol ich disen kauderwelschen namen 
also versteh, das es drey u sein, auff grob schwäbisch au 
KenennNet, spaler ıst die benennurg we (auch bei CLasus MM 
Weidling) durchgedrungen. — über die entwicklung des lautes ist 
f{oljendes zu bemerken: 
1) tm anlaut entspricht win einigen worten ursprünglichem hw, 
das in den allesten ahd. quellen noch erhalten tsl, so in wer 
ahd. noch hwer, weder alıl. hwedar, wann ahd. hwanne, wie 
ülıd, hweo, wo ahd. hwär, weisz ahd. hwiz, werben ahd 
hwervan, wölben ahd. hwelhen, vereinzelt steht husten ays. 
hwösta neben alcmann. wueste. zuweilen ist auf gw zurück- 
zugehen, so in warm == lat. formus (f aus ghv). in mhd. zeit 
wird ım batrischen ung mein haufi) b für w und umgekehrt w 
für b geschrieben, s. WEINEOLD beir. gramm. $ 124. 136, wwus aber 
Nur aus einer annahei ung, nicht aus völligem zusammenfull der 
laute erklärt werden kann. noch im 16. Juhrh. kommt die ver- 
tauschung handschriftlich nicht selten vor (3. b. in den Sterzinger 
spielen), während die drucke sie fernzuhalten suchen. dasz an- 
lautend nıcht der laut unseres b eingelreken ist, ergibt sich aus 
den jetzigen verhaltnissen? bh für w findet sich nur in einigen 
sprachtnseln allgemein (im cimlnischen in Gultschee, im unga- 
rischen berälund) und $n gewissen md, gebielen in unbelonten 
formen, namentlich in wer und den dazu ychörigen worlen 
[BEHAGBEL grundrisz? 4, 717). herwolf für werwolf (theil 1, 1146. 
1242) beruht auf volksetymola scher ausdeutung. w für b erscheint 
in der älteren sprache, z. th. auch im jetzigen bairischen dialect, 
Sflers in fremdwörtern, vgl. walken balkon (LEXER 3,652), wascha 
Frey gartengesellschaft 14,4 Bolte) für sonstiges bascha, wachan! 
städiechron. 11, 620, 9. 659, 18), wenedeyen (H.Sacas 1,56, 8), 
wibel (bei K, v. MEGENBERG), wuckel (ScHMEeLLER® 2, 847) 
ocke franz. boucle, wuffun (bei VINTLER) dl. huffone, besonders 
ıuch in eigrnnamen fremden ursprungs, so bair. Warbara, Walt- 
1asar, Wastel Sebastian, henneberg. Wette Elisabe:h (FROMMANN 
*, 494). dazu kommt dann noch bair. wabe für babe alle [rau 
end das im md. verbreilele wase für base, dus als koseform eine 
‚esondere erklärung erheischt, seltener ist verlauschung von w 
und m. m für w findet sich in dem dialectisch verbreiteten mir 
wir und einigen anderen, meist unbelonten mundartlichen formen 
WEIna0OLD al. yramm. $ 168. bair. gramm. $ 136. anz. f. d. alt. 
1, 156) vgl. auch wachhoulder. auch der schri/tsprache nicht 
janz fremd ist das ndd. man ‘nur’ aus wan (vgl. alım. numan). 
ıuf einer ausdeutung beruht dus schwäh. Muotisheer (BIRLINGER 
ob. zum volks'hümlichen aus Schwaben 62), vielleicht auch fränk. 
hür, mirsching wirsing u. a. w für m wird in dem alemann. wan 
WeEınaOLD al. gramm, $ 166) früher oft yeschrieben. in der ver- 
xndung mit r und ] ist w im obd. frühzeilig abgefallen (ahd. 
ingan aus wringan), während die nd. mundarten z. Ih. auch 
das miltelfränkische wr, wi bewahren. aus dem nd. sind einige 
vorte mit anlaul, wr in die schriftsprache gekommen, so wrack, 
wribbeln, wricken, wringen, wriete, wrinschen, wroge, wruke. 
fnige mundarten (BEBAGBEL grundrisz? 1,717) verwandeln wr 
wl in fr f}, wieder andere in br hl; fr- für wr- ist in 
inzelnen wörtern. auch ins hochd, vorgedrungen, vol. frittbohrer 
zu ndd. wriden drehen, auch in friesel steht das anlaut. £ wahr- 
icheinlich für älteres w. auf eine alle doppelheit des anlauts 
wr—w führt unser rasen mnd. wrase neben obd. wasen. — 
ıls zweiles glied in den anlaut. verbindunyen schw mhd. SW, 
zw mhd. zw und tw, qu hat sich w meist erhalten. doch ist nach 
< das w theils ausgefallen (z. b. keck aus queck), theils mit 
tem folgenden vocal zu einem dunkleren laut verschmolzen (z. b. 
(oder aus querder) s, WILMANNS yr.?2 1,148; dasz, wie theil 
', 2289 anyenummen ist, auch w für qu stehen könne, ist nicht 
“ichlig, da weinen mit got. qainön nicht identisch ist und auch 
‚ei wahheln, wachtel nicht auf die angeführte form mit qu 
zurückgegangen werden musz. ob zuber aus ahd. zwibar ent- 
#anden ist, ist fraglich; zibel zippel (aus lat. caepulla) ist jeden- 
alls ursprünglicher als zwiehel; dageyen ist w aufgelöst in den 
Hialectischen (mfr. nd.) süster schwester und züschen, tüschen 
wischen, 
2) im inlaut ist win der alten sprache sehr häufig, jetzt un- 
'emein selten, nach vocalen war nicht nur einfaches w, so in 
ıhd. lewo löwe, gräwer grauer, sniwan schneien, giliwan 
'elichen (hier aus gw entstanden, das mil hw — später h — im 
j‚rammatischen wechsel steht), sondern auch ein verschärfles vor- 
'unden, das eine vorausgehende kürze in einen diphthong ver- 
vandelt; dies entspricht theils yot. ggw, so in ahd, bliuwan got. 
ıliggwan, triuwi got, trigyws, Ehrils ist cs durch folyendes ) be- 
»irkt worden, so in niuwi got. niujis (aus niwjis), frouwa (aus 
rawja). schon ahd., und noch mehr mhd. wird das w zwischen 
vocalen öflers unterdrückt, neben vröuwen sieht vwröun, neben 
iniewen knien, neben kräwen krän. dagegen findet sich in 
nd, mundarlen w für sonsliyves ], so sıewen, blüewen, auch w 
‚ür h z.b. sitwe, zöwe kemmt vor, die schriftsprache b-wahrt 
Ww nur m ewig, löwe und dem aus dem ndd. entnommenen 
nöwe. nach mhd. ä ist w vocaltsiert? hlanuer mhd. bläwer (dar- 
ruch auch endungsios blau für mhd. bla); sonst ist es grschwunden 
xler durch stummes h (ruhe mhd. ruowe) erseizt. doch hat sich 
in den verbindungen auw euw (oder blosz aw ew) w als bloszes 
\lı,
	        
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