Full text: W - Wegzwitschern (13. Band)

92763 WECHSELSEITIGKEIT—WECHSELSIEG 
2)) seltener steht es allein: war man wechselseitig in 
künstlerischem und sittlichem sinne um vieles näher 
gekommen GÖTHE 385, 156; wenn sprechen allenfalls 
heiszt: wechselseitig reden wie man denkt briefe 33, 239; 
von der gleichheit der gemütsart 
wechselseitig angezogen 
waren wir einander immer 
mehr als uns bewuszt gewogen. ; 
HEINE 1, 421 Elster. 
ß) sie können auch von auszen in beziehung gesetzt 
werden: dasz liebe ... die geschöpfe . . . wechselseitig 
an einander geknüpft habe HERDER 15, 804; die an- 
hänglichkeit ..., die uns, wie eine kette, wechselseitig 
zum guten bindet KLINGER 1, 97 (falsche spieler 1, 1); 
man verglich ... die beiden geschlechter wechselseitig 
GÖTHE naturw. schriften 8, 11. 
y) gelegentlich nähert es sich der bedeutung ‘beiderseitig': 
zegenstände, die uns wechselseitig am herzen lagen 
GÖTHE 28, 268, 
“&) auch auf beziehungen zwischen mehreren seiten gehend: 
hochsinn, tiefsinn, hoffart, demuth, bedächtlichkeit, 
flatterhaftigkeit . .. annullirten sich immer wechselseitig 
durcheinander BRENTANO 5, 359. 
£) vereinzelt ‘in umgekehrter beziehung, andrerseits’ (vgl. 
wechselsweise 1 dd): was der mensch werth ist, ist sein 
handwerk werth, und wechselseitig am ende was das 
nandwerk taugt, taugt der mensch GÖTHE 1, 45. 
&) ebenfalls vereinzelt ‘abwechselnd’: Schiller, Shake- 
speare und Werner sind’s, denen er (Müllner) wechsel: 
seitig nachstrebt v. PLATEN tagebücher 1, 890. 
WECHSELSEITIGKEIT, f. zuerst von CAMPE gebucht, 
im verdeutschungswb. für reciprocität neben gegenseitig- 
keit, wechselseitige beziehung: da auch deutsche gedichte 
„.. in’s böhmische übertragen worden, so kann der 
austausch und die wechselseitigkeit nun nicht weiter 
zehen GÖTHE 42, I, 51; eine wechselseitigkeit des thrones 
mit dem volke GuTzKOW (1872ff.) 8, 68; doch ist’s, als 
wäre sie vor ungezählten jahren in einem andern sterne 
meine gattin gewesen. sind das wechselseitigkeiten (in 
den ersten beiden drucken: polaritäten) der geister, sind 
es seelenwahlverwandschaften? STIFTER (1901,fF.) 1, 62; 
der bursche trug an seinen füszen vielleicht die strümpfe, 
die sie gestrickt — weil die zusammengehörigkeit und 
wechselseitigkeit solcher leute eben schon bei den zehen 
anfängt ROosEeGGER II, 15, 828. im rechtsleben ‘wechsel- 
seitige verpflichtung': (dasz er ihnen) zollfreiheit zusichert, 
natürlich in der voraussetzung der wechselseitigkeit 
DAHLMANN gesch, v. Dänemark 2, 4. wechselseitige thätıg- 
keit: der gottesdienst ist so eine wechselseitigkeit des 
gebens und empfangens HEGEL 12, 116; der berührungen 
GUTZKOW 12, 47; der einwirkung D. F. STRAUSZ 10, 227. 
vereinzelt ‘abwechslung': so folgte ein tag dem andern in 
öder wechselseitigkeit JAK. FREY ges. erzählungen 1, 54. 
WECHSELSEITS, adv. selten und später belegt als 
wechselseitig (vgl. gegenseits 2): indesz die Griechen sich 
selber wechselseits schwächen A. G. MEISZNER Alcıbiades 
3, 334; die nationen sollen ... sich wechselseits aner- 
kennen GÖTHE gespräche 4, 156 Biedermann; 
wo dichter, spieler, schauer sich verbinden, 
sich wechselseits erwärmen und entzünden. 
werke 16, 280 Weim. Ausg. 
da gab und nahm man geiszel, 
sich wechselseits misztrauend. 
GRILLPARZER? 6, 17 (weh dem, der lügt 1); 
wir werden doch nicht wie die blinden wandeln, 
uns wechselseits umklammernd mit den händen! 
6,171 (Libussa 2); 
freudig drängen 
seine söhne sich um ihn, erzählend 
wechselseits der allzulangen irrfahrt 
miszgeschick. PLATEN 345 (Abbass. 9). 
WECHSELSENDUNG, f. rimesse CAMPE verdwb. — 
wechselsieg, m. abwechselnder sieg: wo entgegenge- 
setzte ... kräfte einander beschränken, entsteht im 
wechselsiege der einen über die andere periodismus 
GÖTHE naturw. schriften 11, 277; 
ich sahe, wie mit wechselsieg 
der eine sank, der andre stieg. 
RÜCKERT werke 7, 246. — 
WECHSELSINN—WECHSELSTAND 2764 
vechselsinn, m. wechselseitig zugewandter sinn: 
hier (bei erwachsenen) ist sie (die freundschaft) wechselsinn, 
dort ist sie wechseltanz. TIEDGE 3, 181. 
wechselnder sinn, undbeständigkeit: 
schaut des geschickes spiel, den wechselsinn des standes. 
ANT. ULR. vV. BRAUNSCHWEIG Octavia 1. 983; 
denn immer musz es der, nur der allein entgelten, 
wenn er aus wechselsinn sich selbst so übel rieth. 
J. A. SCHLEGEL verm. ged. (1787f.) 2, 194. — 
wechselsitte, f. (mhd. m.) unbeständigkeit: 
ich trüwe dem staten herzen min, 
mich vähet niht ir wehselsite. 
Winsbekin 18, 4. — 
wechselsonne, f. wechselnd scheinende sonne: 
er (gott) dunkelt hier und heitert; 
durch wechselsonn’ und ungestüm 
reift unser geist. Voss 5, 159. — 
wechselsparren, m. kurzer durch einen nicht paral- 
lelen sparren, z. b. kehlsparren, unterbrochener sparren (vgl. 
wechselbalken 8), ‘kehlschifter' v. HOYER u. KREUTER® 
338°, — wechselspiel, n. 1) wechselndes spiel eines 
dinges oder seiner theile. mhd. einmal als ‘wankelmut': 
yrüff wie daz ainem wibe zäm, 
das sy von zwain dienst nem; 
wirt ir mer daz ist ze vil, 
mich dunckt daz selb wechselspil 
nit gantzer trüwen walt. 
lHedersaal 174,142. 
im 18. jahrh. neu gebildet; besonders w. des schicksals: 
wenn das verhängnisz uns zur höhe bringen wil, 
so hilfft und schadet nichts des glückes wechselspiel. 
CH. STIEFF sammlung 1 (1710) 85; 
vertraut’ ich sonst tollkühn verwognen muths 
mein höchstes glück dem wechselspiel des schicksals? 
KÖRNER 2, 128 (Zriny 2, 2); 
Wilhelm (Meister) ist freilich ein armer hund, aber 
ıur an solchen lassen sich das wechselspiel des lebens 
ınd die tausend verschiedenen lebensaufgaben recht 
leutlich zeigen GÖTHE gespräche 4, 77 Biedermann. 
erner: so sieht man ein solches feuriges wechselspiel 
Johannisfeuer) thalauf thalab . .. fortsetzen werke 35, 174 
Weim. ausg.; sich am wechselspiel der farben (der gold- 
fische) . . . zu ergötzen TIECK 18, 89; irgend ein wunder- 
liches wechselspiel ihres launischen sinnes hervorbrechen 
zu sehn Fouques jahreszeiten 1, 80; 
drum treibe du (aprıl) dein wechselspiel! 
FÜRNSTEIN bei GÖTHE 45, 245 ausg. L. Rh. 
?) spiel zwischen zwei oder auch mehr dingen, ihr in oder 
Jegen einander wirkendes spiel, seit ende des 18. jahrh. 
jelegt (vgl. gegen-, widerspiel): eine verdeutschung, die 
zon diesem antithetischen wechselspiele gar nichts aus- 
lrückt BÜRGER 354%; das wechselspiel unterer und 
)»berer erscheinungen ward er nicht müde darzustellen 
JÖTHE 49, 311 Weim. ausg.; galanterie? — und das emsige 
wechselspiel ihrer augen? SCHILLER 83, 9, 15 (Fiesko 1, 1); 
wechselspiel des erkennens und wollens SCHOPENHAUER 1, 
301 Grisebach; in dem raschen wechselspiel des dialogs 
D. F. STRAUSZ 7, 243; verschiedene contrastirende motive 
nd ... in der arie auf mannichfache art in ein leb- 
haftes wechselspiel gesetzt O0. JAHN Mozart 4, 177. — 
wechselsprache, f. wechselseitige sprache: 
8 lasz uns unser herz bezeugen 
urch stumme wechselsprach’ im blick. 
WEKHERLIN bei CAMPE. — 
wechselsprung, m. einen wechsel schaffender sprung: 
der schnelle wechselsprung zur finsternisz vom licht. 
BrROCKES* 2, 435. -—- 
wechselstand, m. vereinzelt im 17. jahrh. ‘wechselnder 
zustand’ (vgl. stand 6 c): 
denn des glückes wechselstand Ü 
hat sich schleunig umbgewand. 
CH. WEISE überflüss. gedanken 1836 neudr. 
»%n an stelle eines bessern gelretener zustand, auch ereig- 
nis, dann ganz in der bed. von wechselfall, von dem es 
verdrängt zu sein scheint: keine stunde, kein augenblick 
ist also lieblich, es kan ein wechselstand mitten in dem 
jeblichen wesen entstehen erznarren 138 neudr.; 
dasz dieser wechselstand so manche traurigkeit 
im hause nach sich zog. gedancken von versen 13;
	        
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