Full text: W - Wegzwitschern (13. Band)

895 WAHRHEIT II 11. 
die verbindlichkeit in rechten keine stat hätte. JABLONsKI 
(1748) 1321°. 
d) im nhd. kommt (abgesehen von den schon angeführten resten 
illerer gebrauchsweisen) wahrheit sellener in der ausgesprochenen 
bedeutung von *wahrhaftiykeit' als einer menschlichen eigenschafl 
vor; auch bei den folgenden belegen kann meist an den allge- 
meinen begriff der übereinstimmung mit der wirklichkeit, der sich 
dauernd im menschlichen reden und handeln zeigt oder zeigen 
soll, gedacht werden; die verbindung mit dem possessivpronomen 
ist wenig üblich: wie wol zur bösen zeit gewalt für recht gehet 
und heucheley für warheit: aber zu letzt wird doch unrecht 
und schein nicht bestehen. LUTHER 19, 591, 13 Weim. ausg.; 
bleibt inn gottes forcht und in bestendiger warhaytt, hertzhafft, 
mit freindtlicher demmuth. Krarrrt reisen 4 Haszler; warheit ist 
der gerechtigkeit grundfest, und wo keine warheit noch be- 
stendigkeit im reden ist, da regiert sichs übel. Cyr. Span- 
GENBERG adelspiegel 2, 103; von der adelichen tugend, die da 
heisset wahrheit, bestand und auffrichtigkeit. 2,474; dem 
teutschen vertrauen, so in der warheit und in rein teutschen 
hertzen bestehet, thut in gemein der betrug und die list allen 
gegenstand. NEUMARK der neu-sprossende teulsche palmbaum 83: 
adieu welt! dann in deinem pallast findet weder warheit noch 
treue ihre herberge. Simpl. 2, 111, 25 Kurz; wie edel hat hin- 
gegen die gutherzige Penia an mir gehandelt! ‚.. ihr um- 
gang war immer mit wahrheit und freymüthigkeit vergesell- 
schaftet. WıeLann Lucian 1,85; dein freundliches weib, voll 
wahrheit und gefälligkeit, versüsze dir jede stunde mil un- 
schuldiger liebe. Anti-Pupe 122; ein vortrefflicher mann von 
herz und geist, treffendem witze, verstand und unparteilicher 
wahrheit. HERDER an Lavater (aus Herders nachlasz 2, 74); dein 
vater soll ein sehr exemplarischer mensch sein, und ich halte 
viel auf seine wahrheit. BREnTANO 7,16 (Ponce de Leon 1,1); 
kein warheyt ist in allem kouff. 
MUuRNER schelmenzunft 5,35 neudr.; 
und fleise dich zu aller zeit 
aufrichtig, pstendiger warheit! 
halt iderınan glauben #nd trawen 
und thu auf got und sein wort schawen. 
H. Sacus fud, u. schw, 2,353,94 Götze; 
jaher seind sie (zwar erden-klug) 
bösz zu thun all-gefissen, 
abschewlich arg und voll betrug, 
ohn warheit, ohn gewissen. 
WECKHERLIN 2, 134 (ps. 53, 21) Fischer; 
zieb ihm warheit im gemüte 
sampt der güte 
gleich als trewe wächter zu, 
Opıtz psalmen Davids 114 (61,6); 
so erstreckt sich mein begehren 
weiter als auf treue nicht. 
ihre (der geliebten) warheit kan gewehren, 
was mir ihre gunst verspricht, 
FLEMING 515 (oden 5,23); 
wahrheit hat ein redend leben, 
dessen kraft (wirkung) kein witz ersann, 
was das herz hat eingegeben, 
nat kein heuchler nachgethan. HALLER gyed,8 192; 
ewigkeit geschwornen eiden, 
wahrheit gegen freund und feind, 
ScCHILLER 4,4 (an die freude): 
die kunst ist redlich, doch das falsche herz 
bringt lug und trug in den wahrhaft'gen himmel, 
nur auf der wahrheit ruht die wahrsagung, 
wo die natur aus ihren gränzen wanket, 
ja irret alle wissenschaft, 12,288 (Wullenst, tod 3, 9); 
in lügenhaft gewebe knüpf‘ ein fremder 
dem fremden, sinnreich und der list gewohnt, 
zum falle vor die füsze; zwischen uns 
3ey warheit! GöTHE 9,49 (Zphig, 3.1); 
laszt mich erkennen euch, nur deszhalb kam ich, 
zu wissen, was ihr seid, nicht, was ihr scheint. 
denn wie’s nur eine tugend gibt: die wahrheit, 
zibt's auch ein laster nur: die heuchelei, 
GRILLPARZER 7,105 (bruderzwist 4). 
wahrheit kann auch auf die geradheit und offenheit des ganzen 
wesens gehen: 
es quellen nur aus ihr (der menschenlicbe) der tugendhafte 
muth ... 
der immergleiche sinn, den fälle nicht zerrütten; ) 
wahrhaftigkeit im mund, und wahrheit in den sitten. 
HAGEDORN 1,21; 
treue, redlichkeit, aufrichtigkeit, wahrhaftigkeit in den reden, 
und wahrheit in den handlungen. Iseuın schriflen 1,82; es 
kann sein, dasz das alles um so mehr eindruck auf mich 
macht, da ich von so mancherlei menschen so vieles gute 
von ihrer person, und dasz alles bei ihnen wahrheit sei, ge- 
WAHRHEIT 11 12, 896 
1ört. Herder an Lavater (aus Herders nachlasz 2,11); in dem 
\uge, so wie in dem launischen lächeln, ist wahrheit, aber 
loch veredelte natur. Sturz 1, 21; würde der frauen! du lehrst 
lie ewige schönheit der seele und die tiefe wahrheit eines 
veinen kindlichen herzens! GuTzkow rilter vom geist? 3, 437, 
leutsche wahrheit (vgl. oben sp. 864): sie kamen im gespräch 
)ald auf den kaiser, beide liebten und ehrten ihn, aber beide 
1atten genug deutsche wahrheit in sich, durch keine freude 
ın menschen sich blenden zu lassen, sondern das mensch- 
iche in allem gegenwärtigen zu erkennen, ARNIM 15, 215 (kro- 
3ENW. 7). 
miene, ton der wahrheit: doch kann man auch komisch 
xontrastieren und einen augenscheinlichen widerspruch im 
on der wahrheit ... vortragen. KANT 10, 165 (anlhrop.); so 
;ehr wir auch komödianten waren, so erschraken wir doch 
ılle über die miene der wahrheit, mit der er seine frage vor- 
rachte. v. THÜMMEL reise 5, 74 (1794). 
wahrheit übertragen z. b. von der nulur: die andern bildenden 
‚ünste erfreuen mich mehr (als das theater), und doch am 
neisten die natur ınil ihrer ewig konsequenten wahrheit. 
JÖTHE briefe 8, 223 Weim. ausg.; es ist gegen die wahrheit der 
jeschichte, wenn man den bösartigen, widersinnigen charakter 
‚usammengedrängter menschen .. zu allgemeinen eigenschaften 
les menschlichen geschlechts macht. HERDER 13, 321 (ideen z. 
ohilos.) Suphan, 
e) seit dem 18, jahrh. findet sich wahrheit als ‘aufrichtigkeit‘ 
auch mit dem genetiv verbunden in beziehung auf äuszerungen 
des menschlichen wesens: die wahrheit der leidenschaften und 
enmpfindungen. WIELAND 19, 297 (Abderiten 3,6); er heirathet 
Lydie nicht aus freundschaft für Lothario, sondern weil ihn 
lie wahrheit der empfindung anzieht. Körxer an Schiller 5. nov. 
1796 (briefwechsel 3, 377); unter einer kalten ... auszenseite 
verbarg sich bei ihm die höchste zartheit und eine bis zum 
‚eidenschaftlichen gehende wahrheit der empfindung. Immer- 
WANN epigonen* 1,82; dasz schöne sitlten mit guten sitten, 
und politur des betragens mit wahrheit desselben hand in 
band gegangen wäre. SCHILLER 10,305, 32 (über die ästhet. er- 
;ehung); dasz er (dieser schritt) ihm blosz durch die natür- 
iche wahrheit seines characlers ohne alle rücksicht auf die 
möglichen folgen abgenöthiget worden sey. 10,436,21 (über naive 
u. sentim. dichtung); um mir vertrauen zu der wahrheit deiner 
neigung einzuflöszen. H. v. Kugıst bricfe an seine braut 150. 
12) in besonderen bedeutungen erscheint wahrheit in der alt- 
teutschen rechtssprache, diese bedeulungen reichen z. £h. schr weil 
hinauf und führen auf wahr (s. d. 11,1) in dem sinne von *recht- 
lich anerkannt, rechtlich erwiesen’. sie berühren sich mil bedeu- 
lungen, die mlat. veritas (Du CAnGE-HEnscBEL 6, 775. 776) und 
(franz. verite (GoDEFRoY 8, 194) fin der rechtssprache zeigen. 
a) wahrheit ist rechlliche anerkennung , rechtliche sicherheit: 
‚X. dedit) marito suo domum suam et ortum suum in pro- 
prietatem et quicquid habuit; et inde dedit nubis testimo- 
nium suum; hanc veritatem audivimus. Kölner schreinsurkunden 
', 2, 215 Höniger (1165—85); und dis zuo einer worheit und 
steten sicherheit so habendt wir unser insigel offendlich ghenki 
an diszen brieff zu einer gezügenus der vorgeschribnen dingen. 
zod. dipl. Graubünden 3, 68 (1351); des ze ainem offen urkund 
und stäten warheit. 3, 227 (1369); dag daz alsu staet und un- 
zebrochen peleib, dar über geben wir inn den offen prief zu 
am urchund der warhait. urkunde von 1360, font. rer. Austr. 
Il, 35, 331; das ir jeglicher ze zügnüsz ir insigel an disen 
rief gehenht haben .., des och wir dieselben hertzog Ludwig 
ıud burggrauff Fridrich von Nürenberg ainer warhait ver- 
sehend dirr ding, des züm urkund henken wir baid unszer 
nsigel an den brief. U. v. RIcgEnTAL chron. d. Constunzer concils 
i0 Buck. so auch im mnd.: to tüghe unde to vulkomener war- 
ıeyt alle desser vorscrevenen stücke so hebbe ik ... myd 
mynen medeloveren .. unse inghezeghele .. laten henglen 
an dessen jeghenwardighen bref, Mecklenburg. urkundenbuch 
14, 370 (1390). 
besonders bezieht sich dus wort auf die anerkennung der besilz- 
rechte: *veritas, jus, privilegium, praecipue dicilur de bonis pro- 
mis, Du CANnGcE a. a. 0. 776; waerheit, warheit, possessio cerli- 
fcata et adducta. HaLTAaus 2036; we schullet und willet de 
zülten, dat gut und de rente uppe der zülten mit aller tobe- 
1oringe, und alle de dar renthe uppe hebbet, by aller vriheit, 
sechtigkeit und warheit, de de zülten anröret, rowelicken 
alen, und daranne beschermen. der herzöge Berhard u. Heinrich 
su Braunschweig-Lüneburg reversales für die freiheit der salzyüler 
Q9” 
(Lün 
auf 
werd: 
quUAE. 
b) 
Jeger 
der 
hait 
mit « 
halte 
17. je 
leur 
bet 
5agn 
ain |} 
werd 
Fellik 
des 
solch 
hait. 
heit 
alse 
geric 
slike 
de w 
v. j. 
c) 
sache 
dere 
fide 
ral. 
“ 
bie 
und 
sische 
welc 
rume 
ane 
der 
bei 
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ande 
wird 
oder 
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Heu 
of I 
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