Full text: Blüchers Auskunftsbuch für die chemische Industrie (2. Halbband, L - Z)

Mörtel. 
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Luftmörtel. 
Von dem als Mörtelstoff zu teueren Wasserglas und von den Lehmmörteln abgesehen, 
die nur für ländliche Bauten und Tennen in Betracht kommen (magerer Lehm mit Häckerling, 
Torffasern u. dgl.) gibt es zwei Grundstoffe zur Bereitung der Luftmörtel: gebrannten Kalk (s. d.) 
und bis zu einer gewissen Stufe gebrannten Gips (s. d.). Der stückige gebrannte Kalk wird zunächst 
nur mit wenig Wasser überbraust, so daß er unter Abgabe großer Wärmemengen pulvrig zerfällt, 
worauf man erst durch größeren Wasserzusatz die Bildung des Calciumoxydhydrates bewirkt. Der 
entstehende speckige, schneidbare Teig der zur völligen Durchreifung längere Zeit in Erdgruben 
mit durchlässigen Wänden (um die löslichen Salze versickern zu lassen) eingesumpft wird, gibt mit 
dem dreifachen Volumen Sand vermischt den Mörtel. Die Sandart spielt keine Rolle insofern, als 
die möglichst scharfkantigen Körnchen nur den Zweck haben, der Luftkohlensäure den Zutritt ins 
Innere der sonst schwer durchdringlichenMasse zu erleichtern, wohl aber tritt die im Sande vorhandene 
amorphe Kieselsäure in chemische Wechselwirkung mit dem Kalk, weshalb sich verwitterte Sande 
mit leicht zersetzlichen Bestandteilen besonders zeolithischer Art zur Mörtelbereitung am besten 
eignen. Es fehlte nicht an Vorschlägen dem Mörtelsand durch Rauhung, z. B. mit Kieselflußsäure 
die Glätte zu nehmen, ihn zugleich chemisch anzuätzen und in dem besagten Sinne zu verändern, 
doch wird wohl keines der Verfahren ausgeübt. Das Mörtelwasser muß salzarm sein, um spätere 
Ausblühungen zu vermeiden. Der Mörtel soll 13% Kalkhydrat, also etwa 10% Ätzkalk enthalten; 
für 1 cbm Luftmörtel 1 : 3 braucht man 164 kg Ätzkalk und 1 cbm CaO gibt 25 cbm Kalkteig. Nach 
28 Tagen beträgt die Festigkeit gut abgebundenen Kalkmörtels gegen Zug 2 kg/qcm, gegen Druck 
5 kg/qaem. Die Erhärtung des Mörtels erfolgt durch Wasserabgabe und Kohlensäureaufnahme 
(Rückbildung von CaCO,), u. z. am besten spontan, durch allmähliche Einwirkung von Luft-Kohlen- 
säure und -Feuchtigkeit, oft in Jahrhunderte währendem Prozeß, wie stets beim Abbruch alter Bauten 
festgestellt werden kann: die Außenränder sind steinartig erhärtet, während das Innere der Mörtel- 
schicht noch weich und frisch ist. Um Räume in Neubauten rasch bewohnbar zu machen, hilft man 
dem Mörtel- und Kalkbewurf-Erhärtungsprozeß häufig durch Aufstellen brennenden Kokses in 
Eisenkörben nach; die gebildete Kohlensäure und Mauer- und Umgebungsfeuchtigkeit wirken 
schon im Verlauf mehrerer Tage in dem gewünschten Sinne, allerdings auf Kosten der Haltbarkeit 
der Bauten. — Die Mörtelbereitung erfolgt nur noch in kleineren Verhältnissen von Hand, bei 
städtischen Bauten in Mörtelwerken maschinell; die gleichmäßige Masse wird den Baustellen zu- 
geführt. 
In jedem gebrannten Kalk gibt es je nach seiner Herkunft und Brennart Stellen ver- 
schiedener Beschaffenheit, auch solche, die sich langsamer löschen als ihre Umgebung, wodurch 
„Sprengnester‘“ entstehen, die das ‚Treiben‘ des Mörtels verursachen. In den Trocken- 
mörteln ist dieser Nachteil vermieden. Sie werden in der Weise dargestellt, daß 
man die Löschung des Kalkes fabrikatorisch mit geringen Wassermengen bewirkt, das wirklich 
gelöschte feinpulvrige Produkt durch Windsichtung abbläst, und die Rückstände ev. im wieder- 
holten Verfahren abermals löscht, wodurch einheitliche Fraktionen entstehen, die in den letzten 
am langsamsten ablöschenden Stufen (es sind dies die tonreichsten Anteile) hydraulische Eigen- 
schaften zeigen und wertvolles Zusatzmaterial zu Zementen bilden. Man kann auch durch Er- 
zwingung des völligen Ablöschens in der ganzen Masse z. B. mit Druckanwendung oder unter dem 
Einflusse überhitzten Wasserdampfes einheitliche Trockenmörtel erhalten. Sie dienen in erster 
Linie für Fassadenputz und erhalten dann verschiedenen Zusätze wie Hochofenschlacke, Traß oder 
Sand mit löslicher Kieselsäure und ferner harte Gesteine (Granit, Quarzit, Porphyr, Phonolith und 
Basalt), aber auch Sedimentgesteine (Marmor, Grauwacke, Schiefer) und kalkechte Erdfarben, 
die die Färbung bzw. Körnung des Mörtels hervorrufen, ebenso wie es für Spezialzwecke Silberkies, 
glitzender Glimmer, Carborundum und Seemuscheln tun (Terranova-, Terrasittrockenmörtel). 
Beim Brennen und „Kochen“ des Gipses entstehen, wie dort beschrieben ist, je nach den 
angewandten Hitzegraden verschiedene Erzeugnisse, unter denen für Bauzwecke, namentlich für 
Stukkateurarbeiten im Inneren, für Form- und Abguß auch Gipsdielen, Rabitzbau u.a. der Stuckgips 
in erster Linie zu nennen ist. Er dient nicht als Mörtel, diese Art der Verarbeitung wird daher im 
Abschnitte „Kunststeine‘““ abgehandelt. Anders der bei 850°— 900° gebrannte Estrichgips, der als 
Übergang zum totgebrannten Gips, nach v. Glasenapp, Anhydrit neben basischem Calciumsulfat 
und Calciumoxyd enthält und mit wenig Wasser angerührt allmählich Gips (CaSO,.2aq) und Calcium- 
oxydhydrat gibt, das dann, wie im Kalkmörtel die langsame Umwandlung in das Carbonat erfährt, 
so daß im Estrichgips ein wirklicher Mörtelstoff vorliegt. Er bindet schneller ab als Kalkmörtel, 
hat hydraulische Eigenschaften und liefert darum auch im Freien eine dichte, steinartig erhärtende 
und wetterfeste Masse „eine Art weißen Zement, der mehr als es bisher geschah zu Bauzwecken, 
besonders zur Ausführung architektonischer Fassadenverzierungen herangezogen werden sollte“. 
Allerdings darf das Produkt nicht, wie es wegen ungenügenden Brennens häufig der Fall ist, Stuck- 
gips enthalten. In kalkarmen Ländern ist der Estrichgips das gegebene Mörtelmaterial, so im nörd- 
lichen und mittleren Frankreich. 
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