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Salpetersäure.
1. Nitratzersetzung. Ausgangsmaterial sind: 95—96proz. Chilesalpeter mit 3—5% Feuch-
tigkeit. oder derselbe getrocknet oder auch raffiniert, zur Entfernung der Halogene, die in die Sal-
petersäure übergehen würden; ferner Schwefelsäure von 60° Be (Gloversäure) für Salpetersäure vom
spez. Gew. 1,35—1,4 oder 66° Be für Säure vom 1,5 spez, Gew. Als Nebenprodukt entsteht Natrium-
bisulfat, das zur Glaubersalzfabrikation geht. Man arbeitet mit überschüssiger Schwefelsäure,
also nicht im Sinne der Gleichung 2NaNO,; + H,SO, = 2HNO, + Na,SO,, sondern nach:
NaNO, + H,SO, = HNO, + NaHSO, und erhält dadurch schon bei niedriger Temperatur (unter
150°), bei der die Säure sich.nur wenig zersetzt [2HNO; = N,O, (rote Dämpfe) + 20 + H,0}
schmelzflüssiges, leicht abziehbares Bisulfat, statt des Glaubersalzes.
Der Salpeter wird mit der Schwefelsäure in gußeisernen Retorten oder Zylindern, die beider-
seitig durch Stein- oder Eisenplatten geschlossen sind, im direkten Feuer erhitzt (Griesheimer
Verfahren). In manchen Fabriken (z. B. Rhenania, Verfahren von Uebel) liegen in gemeinsamer,
nach links oder rechts lenkbarer Feuerung zwei Kessel, die abwechselnd beschickt und auf 150 bis
170° Innentemperatur erhitzt werden, über einem kleineren dritten, der das Bisulfat der beiden
oberen aufnimmt. Die Badische arbeitet kontinuierlich mit fünf nebeneinander liegenden von
120° steigend auf 400° erhitzten Kesseln, durch die die Schmelze mittels Überlaufes bis zur Erschöpfung
zu reinem Bisulfat hindurchfließt.
Das am weitesten verbreitete Valentiner- System schließlich arbeitet im Vakuum und
vermeidet so bei kürzerer Destillationszeit stärkere Zersetzung der gebildeten Salpetersäure. Zuerst,
entsteht stets starke Säure von 92—95%, die bei Anwendung nicht raffinierten Salpeters chlor-
haltig und teilweise zersetzlich ist, was sich in der Entwicklung roter Dämpfe bemerkbar macht.
Sie gelangt, ebenso wie die dann folgende Hauptmenge starker, etwa 48gräd. Säure in Dampfform
in ein tönernes Zwischengefäß, in das zur Entfernung der Verunreinigungen und nitrosen Gase
Luft geblasen wird. Es ist mit einer in Wasser liegenden Tonschlange (als Rückflußkühler) ver-
bunden und steht weiter ebenso wie das obere Ende der Schlange in Verbindung mit einer Anzahl
sog. Tourils, d. s. birnenförmige stehende Tontöpfe, in denen, unterstützt durch zwischengeschal-
tete Kühler, Kondensation der Säuredämpfe verschiedener Konzentration stattfindet, so daß man
ihnen Einzelfraktionen flüssiger, verschieden starker Säure entnehmen kann. Die zum Schluß
eines Arbeitsganges abgehende schwefelsäurehaltige dünne Salpetersäure von weniger als 40— 42°Be
geht in die Retorte zurück, um sie in der nächsten Operation als starke Säure zu gewinnen. Als
letztes Aggregat befindet sich am Ende der Apparatur ein mit verd. Salpetersäure berieselter Turm,
in dem die abgeblasenen nitrosen Gase zu verdünnter Säure (1,3) aufgenommen werden. Zum
Schluß der Destillation erhitzt man stärker, um die Reste der Salpetersäure aus dem Bisulfat ab-
zutreiben; dabei zersetzt sich dieses teilweise zu Pyrosulfat und es tritt Schaum auf, dessen Bildung
durch Zusatz verd., besser noch konz. Salpetersäure gemindert werden kann. Immerhin sind die
Dimensionen der Retorten, die bis zu 5 t Salpeter-Schwefelsäuregemisch-Fassungsraum gebaut
werden können, auf die Entstehung des Schaumes (66% des Retorteninhaltes) zu bemessen, da das
Überschäumen der Schmelze in die Kondensation unbedingt vermieden werden muß,
In dieser Hinsicht ist ein neues Verfahren beachtenswert, das nicht vom Naturprodukt
Chilisalpeter, sondern. vom Ammonnitrat ausgeht. Dieses Salz, das übrigens den Mittelmächten
im weiteren Verlaufe des Krieges eher zur Verfügung stand als der Chilesalpeter, gibt mit Schwefel-
zäure ohne Schaumbildung schon bei 120° quantitativ Salpetersäure, die nur geringe Mengen nitroser
Verbindungen enthält. Auch aus dem Kalksalpeter, dem Sekundärprodukt der Luftverbrennungs-
industrie (s. u.), kann man die Salpetersäure durch Glühen oder Zersetzung mit Schwefelsäure ent-
ziehen.
A|
2, Luftverbrennung. Stickstoff und Sauerstoff der Luft vereinigen sich bei 3—4000° zu
Stickoxyd nach der umkehrbaren Reaktion N; + O, = 2NO. Der Zerfall in die Elemente macht
sich ab 700° bemerkbar, bei 1600° erfolgt er sehr rasch, bei höheren Temperaturen stellt sich
nach den Untersuchungen von Nernst, auch von Muthmann und Hofer Gleichgewicht (s. d.) ein,
dessen Erreichung um so länger dauert, je tiefer die Temperatur ist. Wenn sich demnach im Sinne
der Nernstschen Rechnung und Beobachtung bei etwa
1800° (abs.) 0,36
2000° 0,64 |% NO
2580° 2,05
32009 4—5 |]
bilden, so zerfallen diese Mengen auch wieder und zwar bei 2900° in *%*/,00000 Sek., bei 2500° in */joo
Sek., bei 2100° in 5 Sek. und bei 1500° in 1’'/, Tag, d. h. also: will man auf dem Wege zur Salpeter-
säure Sauerstoff und Stickstoff zunächst zu Stickoxyd vereinigen, so muß man 1. die hohe Tempe-
ratur des elektrischen Flammbogens zu Hilfe nehmen, 2. dafür sorgen, daß das gebildete Stick-
oxyd so schnell wie möglich auf 1500° und weniger abgekühlt wird. Dies ist praktisch nur unter
so bedeutenden Verlusten an NO zu erreichen, daß sein verbliebener verwertbarer Rest (die Aus-