Full text: Blüchers Auskunftsbuch für die chemische Industrie (2. Halbband, L - Z)

Schwefel. 1079 
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mit Luftsauerstoff den Schwefel frei, den man der Masse mittels organischer Lösungsmittel entzieht. 
Aus den Koksofengasen kann der Schwefel, wie erwähnt, nicht in so befriedigender Weise gewonnen 
werden. Unter den zahlreichen Vorschlägen, die z. B. in Lange, Bd. IV, Kap. 68, 71 u. 72 zusammen- 
zestellt sind, dürften die Methoden der Oxydation des Schwefelwasserstoffes mit Luft unter dem 
Einflusse von poröser Holzkohle oder eines anderen Kontaktmittels oder mit Schwefeldioxyd, die 
zussichtsreichsten sein. — Aus dem Calciumsulfid der Sodarückstände (oder des Gipses, den 
man mit Kohlenwasserstoffen, z.B. Methan, erhitzt), setzt man ebenfalls den Schwefel zuerst zu 
achwefelwasserstoff um, und zwar, wie im Sodaprozeß beschrieben ist, mittels Kohlensäure oder 
Magnesiumchloridlauge, worauf man das Gas in Spezialöfen (Claus) im Gemisch mit der be- 
rechneten Luftmenge (H,S+O = H,O + $) mittels eines Katalysators (Bauxit, Eisenoxyde) 
flammenlos zu Schwefel verbrennt. Das Produkt ist 99,95proz. 
Schließlich liegen in den Erdalkalisulfaten, besonders im Gips (Anhydrit), der sich überall 
in großen Mengen findet, auch im Schwerspat (Bariumsulfat) große Schwefelvorräte bereit. Der 
letztere wird zwecks Gewinnung des als Ausgangsmaterial für alle anderen Bariumverbindungen 
(s. d.) dienenden Bariumsulfids mit Kohle reduziert (ebenso behandelt man auch Gips-Anhydrit), 
worauf man das Erdalkalisulfid wie oben beschrieben wurde, auf Schwefel weiterverarbeitet. Die 
direkte Gewinnung des Schwefels aus dem Gips über Schwefeldioxyd, das dann zur Schwefelsäure- 
'abrik geht oder mit Kohle oder Kohlenoxyd reduziert wird (s. 0.), ist wegen des großen Brennstoff - 
verbrauches erst zur großtechnischen Produktion geworden, seit man durch Zusatz von Tonschiefer 
ınd Koks zum Gips im Drehrohrofen gleichzeitig hochwertigen Zement als Nebenprodukt erzeugt. Eine 
lerartige, von Bayer-Elberfeld errichtete Anlage vermag monatlich 3000 t Klinker und 2700 t 
30; zu produzieren, 
Eigenschaften und Verwendung. Der Schwefel kristallisiert in der Natur in hellgelb-grün- 
;tichigen rhombischen Kristallen vom spez. Gew. 2,03, Härte 2,5, wird beim Reiben negativ elek- 
risch, geht beim Schmelzen (114°) in die monokline ß-Form vom spez, Gew. 1,96 über, die nur 
»berhalb 95—96° beständig ist, und sich unterhalb dieser Temperatur in den rhombischen 
z-Schwefel verwandelt. Eine dritte, die y-Modifikation liegt in dem sublimierten, auch 
'n dem plastischen Schwefel (zu 30 %) vor. Ersterer wird großtechnisch durch Erhitzen des 
ıtwa 98 proz. sicilianischen Rohproduktes in gußeisernen Retorten bis zum Siedepunkt und 
Auffangen der Dämpfe in gekühlten Kammern gewonnen, in denen sich jene als feines Mehl 
Schwefelblumen) niederschlagen. Plastischen Schwefel erhält man durch Eingießen von ges 
‚schmolzenem Schwefel in Wasser als braune knetbare Masse. Auch beim Zersetzen der z. B. bei 
Jer Schwefelfarbstoffabrikation erhaltenen Polysulfid- und Thiosulfatlaugen mit Säuren wird 
„Schwefel erhalten. Er unterscheidet sich fundamental von den anderen Arten durch seine Un- 
‚öslichkeit in Schwefelkohlenstoff, in dem sich der rhombische Schwefel schon bei 0° zu 24, bei 
20° zu 50, bei 55° zu 180 TI}. löst. 
Kolloidalen Schwefel (wichtig für die Heilkunde, z.B. als Sulfidal), erhält man in Form 
haltbarer verschiedenfarbiger Lösungen oder als graues, in Wasser milchig lösliches Pulver, durch 
Einleiten von Schwefeldioxyd in eine Gelatine oder Albumin (als Schutzkolloide) enthaltende 
Schwefelnatrinm- oder von Schwefelwasserstoff in eine kalte konz. Schwefeldioxydlösung und fol- 
gendes Aussalzen. Kolloidaler Schwefel kommt auch mit etwa 25% Eiweiß, mit Wasser milchartig 
zu einer nicht sehr beständigen Emulsion verrührt, als Sulfidal in den Handel. — Fein zerteilter 
Schwefel liegt in den Schwefelblumen, auch in der Schwefelmilch vor, die man durch Zersetzung 
zon Calciumsulfidlösung mit Säure darstellt; er ist ferner im „Naphthalinschwefel‘‘ (erhalten durch 
Zusammenschmelzen der Komponenten) als feste Lösung vorhanden, aus der man ihn durch Heraus- 
‚ösen des Naphthalins mit Alkohol gewinnen kann. Naphthalinschwefel dient zur Bekämpfung 
von Weinschädlingen und dadurch, daß er sich bei 70° in öliger Suspension mit Magnesiumoxyd 
ınter Schwefelwasserstoffabspaltung zersetzt, zur Herstellung von Maschinenschmierölen, die durch 
jen auftretenden Geruch das Warmlaufen der Lager anzeigen. 
Schmilzt man Schwefel und erhitzt ihn auf höhere Temperatur, so wird er bei etwa 160° 
braun, bei 200° zäh wie Harz, ab 250° bis 400° wieder dünnflüssig wie Wasser und siedet schließlich 
bei 445°, Durch Auffangen der Dämpfe in warmen Vorlagen erhält man ihn geschmolzen als sehr 
reinen destillierten, in Formen gegossen als Stangenschwefel, der sich vollständig in Schwefel- 
kohlenstoff löfst. Zur Bereitung der Schwefel-Kalk-Brühe und anderer Mittel zur Schädlings- 
vertilgung wird er in stückiger Form, ebenso wie die Texasware, in Mühlen die wegender sehr hohen 
Entzündungsgefahr des Gutes mit Stickstoff oder Kohlensäure gefüllt sein müssen, zu Mehlen ver- 
schiedener Korngröße (Rebschwefel, Schwefelpulver oder -mehl) gemahlen. 
_ Die Hauptverbraucher des elementaren Schwefels sind: Der Weinbau (s. a. Vertilgungs- 
präparate), die Sulfitcellulose-, Kautschuk- und Schwefelfarbstoffindustrie (Lange, Die Schwefel- 
farbstoffe, Leipzig 1925), auch die Erzeugung der Schwefelverbindungen mit Halogen und Kohlenstoff, 
die Industrie der Schwefelmetalle und -metalloide absorbieren große Schwefelmengen, während 
jene der Schwefelsäure Sprengstoffe (Schwarzpulver), Zündholz- und Feuerwerksmassen als
	        
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