Full text: Blüchers Auskunftsbuch für die chemische Industrie (2. Halbband, L - Z)

1108 Seife und Waschmittel. 
Seife und Waschmittel werden vereint abgehandelt, da zahlreiche Übergänge zwischen festen, 
pastösen, flüssigen, seifehaltigen und seifefreien Reinigungsmitteln bestehen und im Falle der Tren- 
nung des Stoffes Verständnis und Auffindung erschwert würden. 
Allgemeines. Im Sinne des technischen Gebrauches als Waschmittel ist Seife das in Wasser 
lösliche, in Kochsalzlösung unlösliche Kali- oder Natronsalz einer höheren Fettsäure (ab C,, meist C,,} 
gesättigter (Stearin-, Palmitinsäure) oder ungesättigter (Ölsäure) Natur, odereiner Harz- (der Abietin-} 
säure des Kolophoniums oder Fichtenharzes. Andere Metallsalze derselben Säuren dienen als Im- 
prägnierungsmittel (Tonerde, Kupfer), klebriges Verbandpflaster (Blei), oder (speziell von Harz- 
säuren) als Sikkative in der Firnisfabrikation (Blei, Mangan). Aber. auch die Alkalisalze anderer 
als der Fettsäuren haben technischen Wert, so jene der Gallensäuren; diese Seifen dienen ebenso 
wie die glycosidischen Saponine auch Reinigungszwecken. 
Die Seife als Waschmittel gibt mit wenig Wasser eine hochviscose sirupöse Flüssigkeit, 
die beim Verdünnen beweglicher wird und eine klare oder schwach opalescierende unechte wäßrige 
Lösung der Seife darstellt, die sich durch hohe Schaumkraft auszeichnet. Sie emulgiert Fette und 
Öle, auch mineralischer Art, dringt wegen ihrer besonders im heißen Zustande hohen Benetzungs- 
fähigkeit leicht in die Hautporen und Gewebefasern ein und hebt dadurch die Schmutzteilchen 
ab, die im Überschuß des Wassers wegschwimmen. Je nach der Art des Fettstoffes und der Her- 
stellungsweise sind Löslichkeit und Schaumkraft der Seifen verschieden: Für Wäschereizwecke in 
heißem Wasser eignen sich feste Seifen aus hochmolekularen Fettsäuren, niedrigere Glieder der 
Reihe, auch flüssige Fettsäuren, die ungesättigt sein können, geben Seifen, die auch in kaltem 
Wasser gut schäumen. 
Die wäßrige Seifenlösung ist kolloidal ionisiert, d.h. das fettsaure Alkalisalz ist ge- 
spalten in freies Alkali und saures, fettsaures Salz, viel kaltes Wasser fällt die sauren Salze, beson- 
ders der festen Fettsäuren (Stearin- und Palmitinsäure) aus, mit hartem Wasser erfolgt Umsetzung 
zu Caleium- und Magnesiumstearat und -palmitat, die im Wasser unlöslich sind, wodurch die Seife 
z. T. unwirksam wird. — In Alkohol lösen sich die Seifen in dem Maße besser, als zu ihrer Her- 
stellung flüssige Fette verwandt wurden: Stearinseifen sind so gut wie unlöslich, Ricinus-, Cocosöl- 
usw. sehr leicht löslich, Talgseifen halten die Mitte. Konzentrierte alkoholische Seifenlösungen 
erstarren beim Erkalten unter Festhaltung des Alkohols gallertig (Hartspiritus). In Kohlen- 
wasserstoffen lösen sich nur die sauren Seifen in so erheblicher Menge, daß man diese Lösungen 
für die sog. Trockenwäsche zur Bereitung der Benzin-, Tetrachlorkohlenstoff-, Terpentinölseifen 
nutzbar machen kann. — Gute Waschseife soll weder freies Alkali enthalten, das Faser und Haut 
angreift, noch unverseiftes Fett, da dieses ranzig wird, sie muß neutral sein. was man durch Titra- 
tion der alkoholischen Seifenlösung (die nicht hydrolytisch gespalten ist) mit Phenolphtalein als 
Indikator feststellt, während man etwa vorhandenes freies Fett mit Petroläther extrahieren und 
so der Menge nach feststellen kann. S. überfettete Seifen im Abschnitt „Kosmetische Präparate“. 
Man unterscheidet: Harte (Natron-) und weiche (Kali-)seifen; letztere sind stets Leim- 
(Schmier-)seifen, während die ersteren je nach Rohstoff und Arbeitsweise Kern- oder Leimseifen 
sein können. 
Als Rohstoffe zur Seifenbereitung dient die Mehrzahl aller tierischen und pflanzlichen 
Fette, soweit ihr Preis und die zur Verfügung stehenden Mengen es gestatten und soweit sie nicht 
als Speisefette dienen können; in diesem Falle bilden die Abfälle dieser Fabrikation (Soapstocks) 
meist eine ergiebige Fettquelle für die Seifenindustrie. Die meist verwandten Fettstoffe sind: In- 
und ausländischer Rindertalg und Palmfett für beste Kernseifen ; Olein, Olivenölprodukte, Walk-, 
Knochen- und Palmkernfett, auch Abfallfette aller Art für mindere Qualitäten; für billige Kern- 
seifen wird viel Kolophonium mitversotten, für sich allein gibt Fichtenharz keine Wasch-, sondern 
eine Bleichseife. Für Schmierseifen werden Cotton-, Sojabohnen-, Lein- und Hanföl, auch Tran 
und Naphthensäuren verarbeitet, manche dieser Öle, vor allem die Trane sind durch die Härtungs- 
verfahren (s. Fette und Öle) auch Rohstoffe für Kernseifen geworden, Überwiegend sind die Roh- 
stoffe für harte Seifen sog. Kernfette, die reich an gesättigten Fettsäuren sind (Ausnahmen Öl- 
säure und Leinöl- [Linol]säure) und gut aussalzbare Seifen liefern; für weiche, schwer oder nicht 
aussalzbare Seifen geht man von den beiden sog. Leimfetten, dem Cocos- und Palmkernöl aus. — 
Während des Krieges wurden z.T. mit Erfolg Versuche früherer Zeit wieder aufgenommen, die 
dahin gingen, Paraffin und andere Erdölkohlenwasserstoffe durch Oxydation der endständigen 
-CH,-gruppe einer Kette zu -COOH in Fettsäuren zu verwandeln (s. Fette und Öle) und so große 
Mengen Seife- (in Einzelfällen sogar Speisefett-)rohstoffe zu erzeugen. Wie Schrauth und Friesen- 
hahn in Chem. Ztg. 1921, S. 177 beschreiben (s. a. die Literatur- und sonstigen Angaben in Lange, 
Bd. III, Kap. 255), ist diese „Synthetisierung der Fettsäuren‘“ durchführbar, doch werden die Ver- 
fahren auch nach erfolgtem Ausbau für.den Großbetrieb kaum Erzeugnisse liefern können, die 
billiger sind als die natürlichen Fette und Öle zu normalen Zeiten, denn Pflanzen- und Tierfette 
wachsen stetig nach, während die an sich ebenfalls wichtigen Zwecken der Technik dienenden Pa- 
raffine und andere Mineralölkohlenwasserstoffe als mineralische Funde schließlich einmal erschöpft
	        
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