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Posaune und Trompete, aber mit Dämpfer. Die Seekadetten-Messe
liegt in der Nähe von Kommandanten-Kajüte und Offizier-Messe.
Platzen einmal die Geister aufeinander, stimmt jeder jugendfrische
Gesell, sei es im Zorn, sei es auch in der Freude, sein erb- und
eigentümliches Temperaments-Instrument an, dann ist es nicht gerade
Musik, was die umwohnenden Herren in dem Schiff zu hören bekommen.
Wenigstens in der ersten Zeit könnte man die akustische Leistung
manchmal mit dem Namen „Heidenlärm“ bezeichnen: Der Herr
Kommandant klingelt nach dem Läufer, der erste Offizier zitiert
gleichfalls eine Ordonnanz, der wachthabende Offizier schreit empört
nach dem Ordonnanzladetten, und alle erteilen denselben Auftrag, der da
lautet: „Ruhe in der Seekadettenmesse!“ Manch lieber Leser fragt
nun wohl, wie das enden soll? Die Antwort ist leicht zu finden:
„Thue zwölf Kiesel in zwölf Säcke, rüttele sie, sie werden stets eckig
bleiben; thue sie alle zwöolf in einen Sack, und sie werden sich
abschleifen“ (Yorik). Das Zusammenleben mit Gleichgestellten schleift
auch hier die harten Ecken der instrumentalen Töne ab. Der Kamerad
erzieht den Kameraden, und selbst der Vorgesetzte hat nicht so schnell
die Fehler und Schwächen des Menschen erkannt wie der Kamerad.
Das Erziehungsmittel ist sehr oft der Witz. Wenn derselbe nicht
über harmlose Neckerei hinausgeht, wird er seine Wirkung auch nicht
bersagen. Der mißtrauische Melancholiker hat bereits Selbstbeherrschung
gelernt, wenn er mit den Lachern mitlachen kann. Er hat damit
auch das beste Mittel gefunden, um verschont zu bleiben. Im
Militärstande thut aber gerade ihm Selbsterziehung und Selbst—
beherrschung nötig, er kommt sonst leicht dahin, daß er höchstens als
gute Staffage bei militärischen Leichenparaden zu gebrauchen ist.
Die Flotte braucht aber Seeoffiziere, die frisch auf den Feind los—
gehen! Ein sehr schönes Beispiel von Selbstbeherrschung bot seiner
Zeit der alte Blücher. Marschall „Vorwärts“ hieß der alte Choleriker,
aber er hörte auf den Rat der Klugheit, und Gneisenau war diese
Klugheit. Karl der XII. von Schweden that das Gegenteil, und
niemand kritisiert ihn besser wie Friedrich der Große, indem er von
hm sagt: „Tapferkeit ohne Klugheit führt nie einen guten Erfolg
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