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Selbstbeherrschung gehört, sei hier noch aus der Seekriegsgeschichte
erwähnt: Der englische Kommodor Sir Richard Greenville sah bei
den Azoren 1591 seinen Untergang voraus. Von seinen Schiffen
flohen 5 vor der spanischen Übermacht. Er selbst focht mit 2 Schiffen
15 Stunden lang; zwar nahmen die Spanier noch Besitz von seinem
Schiff, es versank jedoch sofort mit der toten und verwundeten
heldenmütigen Besatzung.
Einen guten Rat zur Selbsterziehung in Bezug auf die Thätigkeit
des jungen Offiziers wollen wir hier noch anführen. Marryat
erzählt von einem Seekadetten folgendes: Kapitän M., sein
Kommandant, hatte eines Tages gegen ihn bemerkt, er könne, wenn
er gerade keinen Dienst zu thun habe, seine Zeit nicht nützlicher
anwenden, als wenn er bei seinen Spaziergängen auf Deck sich das
Schiff in allen möglichen schwierigen Lagen vorstelle und über die
besten Hülfsmittel nachdenke. „Verlaß Dich darauf“, sagte Kapitän
M., „es wird die Zeit kommen, wo Du Gelegenheit haben wirst,
aus meinem Rate Nutzen zu ziehen. Du wirst dadurch zu einer
Geistesgegenwart gelangen, die bei einer plötzlichen Klemme vielleicht
Dir und dem Schiffe Rettung bringt.“
Dem Seemann bleibt es nicht erspart, in die eine oder andere
Klemme zu kommen. Wir haben als Schlußsatz demnach nur
hinzuzufügen, was ein alter Bootsmann zu sagen pflegte: „Wer sich
nicht zu helfen weiß, ist überhaupt gar nicht wert, in die Klemme
zu kommen.“
Die Eindrücke aus dem Elternhaus, die „Macht des Daheim“,
wie sie Samuel Smiles nennt, haben wir gleichfalls als treibende
oder hemmende Kraft bezeichnet. Für alle Stände, für alle Lebens—
stellungen, für Hoch uud Niedrig bleibt diese „Macht“ dieselbe.
„Das Kind kann nicht anders, als nachahmen, was es sieht.“
Deshalb ist das Beispiel der Eltern von mächtigem Einfluß, ganz
besonders in der ersten Zeit, in der es sich durch die Gesellschaft
anderer zu modellieren beginnt. Das Daheim ist die erste und
wichtigste Schule des Charakters, und mit vollem Recht sagt der
erwähnte Schriftsteller: „Das Daheim macht den Menschen.“ Die
zute Zucht des Elternhauses bildet nicht nur Sitten und Gesinnung,