Full text: Der Marineoffizier

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hohen Berge von Guadeloup in Sicht kommen und bei der Annäherung 
größer und mächtiger aus den Wogen emporsteigen, muß die Fregatte 
kreuzen. Das ist abermals eine gute Gelegenheit zum Lernen für 
den jungen Kadetten. 
Ju Basseterre hält das Schiff sich nur wenige Stunden auf, 
dann sehen wir es wieder auf See, der Insel Antigua zustrebend. 
Hier wird British habour angesteuert, und in einem kleinen, fast 
kreisrunden Becken fällt der Anker. Ein altes Hafenfort liegt so 
nahe bei, daß man mit einem Stein hineinwerfen zu können glaubt. 
Eine Stadt existiert nicht. Die Engländer haben zur Zeit der 
furchtbaren Kämpfe zwischen den englischen, spanischen und französischen 
Flotten während der französischen Revolution große Festungswerke 
hier gebaut und sogar eine Werft mit Docks angelegt. Jetzt ist 
alles verfallen und verlassen. Die Natur ist auch hier das Schönste. 
Hoch oben auf einem Bergrücken zeigen sich ebenfalls Festungsanlagen. 
Man steigt der Aussicht halber gern herauf, vorher ein Negerdorf 
passierend und sich an dem harmlosen Treiben des Völkchens ergötzend. 
Die Aussicht ist ungemein lohnend. Die Einsicht ungemein erheiternd, 
nämlich die Einsicht in die riesigen Festungswerke. Man wird 
unwillkürlich an Wiesbaden erinnert, denn wir sehen hier ebenfalls 
in ein „bensionapolis“ herein. Es sind auch eine Masse von 
„Militärs in Ruhestand“ hier vorhanden. Sie wandern aber nicht 
mit der Rangliste unter dem Arme einher, sie stehen alle still rostend 
auf 224 Rädern an ihren Plätzen: lauter alte, glatte Kanonen. 
Einst grimmig drohend, heute altes Eisen. O quae mutatio rerum! 
Die Seekadetten, welche die alte Bergfeste erstiegen hatten, fuhren 
müde und hungrig an Bord zurück. Beim Anbordkommen erfahren 
sie gleich, daß etwas passiert ist. In der Messe liegt einer in 
der Hangematte. Eine Anzahl Kameraden stehen um ihn herum. 
Bedauern und Lachen kämpft in ihren Gesichtern. Der in 
der Hangematte ist ganz still — sonst führt er das große Wort. Da 
er blasse Gesichtsfarbe und ganz hellblonde, fast weiß aussehende 
Haare hat und, von der Ferne gesehen, dadurch etwas Greisenhaftes 
bekam, so hieß er allgemein in der Messe nur „der alte Mann“. 
Ihm ist es heute schlecht ergangen. An Land hat er einen Strauch
	        
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