Full text: Der Marineoffizier

144 
war ein wenig teuer aber ganz gut.“ — Aber der Ziehgarren, weißt Du, 
den mir der deutsche Bruder gab — ei, der schmeckte!“ — 
Die Hafenzeit ist kurz und will ausgenutzt sein, wenn der See— 
kadett ein wenig Land und Leute kennen lernen will. Dazu wird 
ihm Gelegenheit geboten durch Benutzung der Stadtbahn und ver— 
schiedener Eisenbahnen, welche aus der Stadt herausführen. Die 
Umgebungen von Havanna sind sehr hübsch. Sie zeigen ein anmu— 
tiges Bild, das Bild reich bebauter Kulturlandschaft. Die gewaltige 
Pracht und Fülle des Urwaldes fehlt freilich darin. 
An Bord herrscht an einem der letzten Tage rege, fieberhafte Thätig— 
keit. Vor dem Abschied soll noch ein Ball an Bord gegeben werden. 
Zwar ist alles, was an Bord lebt und webt Wotan dem Kriegsgott 
geweiht, aber der Germane huldigt auch gern der holden Freyja, 
der Beschützerin der zarten erblühenden Liebe. Das Oberdeck wird 
der Göttin heute als Tempel geweiht und würdig ausgeschmückt. 
Das Sonnensegel bildet das Dach desselben. Dessen graue Lein— 
wandfläche leuchtet aber in bunten fröhlichen Farben. Geschmack— 
boll angeordnet sind die Signalwimpel in Gestalt großer Sterne 
darauf gruppiert. Die Wände des luftigen Hauses sind mit den 
National- und Signalflaggen drapiert. Dazwischen prangen frische 
Palmblätter und grüne Zweige. Divans, aus Hangematten in 
zusammengerolltem Zustand hergestellt, fassen das Deck ein, bunte 
Decken und Flaggen verhüllen das Baumaterial dieser Sitzplätze. 
Das Gangspill trägt einen Rosengarten, Blumenbeete sind auf das 
Deck plötzlich hingezaubert, sogar ein Springbrunnen treibt seinen 
Wasserstrahl in die Luft. 
Nun kommen die Gäste und treten ein in den Tanzsaal: 
Deutsche Frauen und Jungfrauen aus der Ansiedelung in Havanna 
in erster Linie. Wie sie nun versammelt sind, wie ihre Augen 
glänzen, da gleichen sie einem schimmernden Schmuckreif — und 
Wotan, der Alte, lächelt und mit dem Herrscherhaupt nickend sagt 
er leise: Brisingamen.*) 
*) „Ein leuchtender Halsschmuck Brisingamen bedeckt der Freyja 
Brust, wir haben wohl das Morgenrot oder den Kranz schimmernder 
Gestirne darin zu vermuten.“ Nach Mannhardt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.