Full text: Der Marineoffizier

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sich wiederum an ernstes Studium zu gewöhnen. Auch sind die 
Lebensalter der Eintretenden weiter vorgeschritten heute wie nach 
den alten Bestimmungen. In jungen Jahren lernt sich aber das 
„Geforderte“ leichter wie in alten Tagen. Hierfür tritt ein anderes 
Studium als das „Verlangte“ als Ersatz ein. Es ist dies das 
„Gewünschte“, d. h. das Spezialfach, dem sich der ältere Mann mit 
ganzer Zuneigung widmet, z. B. Artillerie oder Torpedowesen. 
Daneben reitet auch mancher noch sein „Steckenpferd“ friedlicher 
Natur und findet darin eine zeitweilige, sehr wohlthuend wirkende 
Erholung. 
Was nun Lehrfächer und Examen-Anforderungen anbetrifft, so 
wollen wir unsere Leser nicht mit Herzählung derselben ermüden. 
Wer als Fähnrich zur See und handelnde Person damit zu thun 
bekommt, erfährt so wie so das Genaueste hierüber, und für andere 
würde dies wenig Interesse haben. Wir können uns auch hier 
deshalb mit dem Satz begnügen: Es schließt mit dem Examen ab. 
Dieser Abschluß ist das Ziel. Wer dasselbe im Auge behält, 
wird es stets erreichen. Es nicht aus dem Auge zu verlieren, ist 
deshalb während des ganzen Lebens auf Marineschule das Not— 
wendigste. Doppelt notwendig sogar, weil das Leben sich hier freier 
gestaltet wie an Bord. Hier ist keine Bootsfahrt mehr nötig, um 
ans Land zu gelangen. Man ist am Lande und braucht nur den 
Portier zu passieren, um im Freien zu sein. 
Die Wege, die im Freien beschritten werden, sind nun ver— 
schieden. Immer aber führen sie den Fähnrich mit der Bevölkerung 
von Kiel und Umgebung zusammen, und zwar mit allen Klassen. 
Denjenigen Fähnrichen, welche vom Rhein oder aus Süddeutschland 
kommen, wird nun zuerst sehr das ganze Wesen der Schleswig⸗ 
Holsteiner auffallen. Sie sind meist ernst und verschlossen, zurück— 
haltend und auch kühl berechnend. Es ist schwer, mit ihnen näher 
bekannt zu werden, und es bedarf hierzu längerer Zeit. Hat man 
aber seinen Scheffel Salz mit ihnen gegessen, so findet man auch 
ihre vorzüglichen Eigenschaften heraus. Sie sind ihren Freunden 
treu, und man kann sich auf sie verlassen — in heutiger Zeit, wo 
selten noch das Wort gilt, ein schöner Charakterzug! Wenn man
	        
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