160
Wer irgendwie Familienbekanntschaften, wer irgend welche Be—
ziehungen hat, thut gut daran, sie zu pflegen. Er wird dadurch
bald weitere Bekanntschaften machen und wird auch oft und gern
die Gelegenheit suchen, den Salon, den Ballsal zu betreten.
Tanzen ist ja weiter kein Lebenszweck. Aber der Tanz bringt
mit allem, was darum und daran hängt, den Fähnrich und jungen
Offizier immer wieder in Berührung mit der Damenwelt. Der
Umgang mit der feingebildeten Dame wirkt stets veredelnd. Er
erzeugt die echte Ritterlichkeit, welche in dem Weibe die eigene
Mutter achtet. Es giebt in einer alten Handschrift ein Bild,
welches die Frau im Schutze der Ritterlichkeit darstellt: Eine Frau
sitzt mit gebundenen Händen auf der Erde. Ein gepanzerter Ritter
rastet daneben, ruhig hingelagert. Wir wollen es zu deuten ver—
suchen: Die Fessel, welche dem Weibe die Hand bindet, ist die
Schwäche. Des Ritters Panzerhemd ist der feste Charakter, der des
Weibes Schwäche nicht mißbraucht, sondern ihr Schutz bietet.
Aus unserer eigenen Kadettenzeit entsinnen wir uns gern einer
Kieler Familie, welche freundlich den noch etwas heimwehkranken
Seekadetten von Zeit zu Zeit empfing, ihn auch in anderen
Familien einführte. Das ist nun lange her, und die beiden alten
Leute deckt längst der kühle Rasen da draußen vor dem Thore der
Stadt. Bis auf den hrutigen Tag aber lebt für sie weiter eine treue
dankbare Erinnerung.
Der Landaufenthalt, der hier auf Marineschule dauernd Gelegen—
heit bietet, mit anderen Menschen und Personen in Berührung zu
kommen, führt auch den Fähnrich zu Liebesmahlen, zu gemeinschaft—
lichen Festgelagen ꝛc,, wie sie z. B. am Allerhöchsten Geburtstage
vorkommen. Auch hierfür können wir Worte uralter Weisheit an—
führen, die aus einem Munde kamen, dessen Besitzer seine Germanen
nur zu genau kannte, in ihren Schwächen und in ihren guten
Seiten. Wotan wendet sich in der Edda an den zu Belehrenden mit
den Worten:
„Lodfafner, lerne belehrenden Rat
und nutze, was Du vernommen: