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von Schiffen und Fahrzeugen auf, die wie trübe Funken glimmen. Da
heißt es, doppelt scharf aufpassen, für den Wachthabenden; denn bei dem
Wetter geht man sich erst recht gern aus dem Weg. Dann kommt noch ein
Moment, wo der junge Offizier noch einmal sieht, wie der heulende Orkan
ihn mundtot macht: Die Schot vom Großgaffelsegel zerreißt, und das
flatternde Segel legt sich gegen das Großwant. Es muß geborgen
werden und: „Wache klar zum Manöver!“ ruft der Wachthabende
— niemand hört ihn — der Wind trägt das lauteste Wort einfach
von dannen. Am Großmast steht der wachthabende Bootsmannsmaat
und merkt endlich aus den Gesten des Offiziers, daß etwas von
ihm erwünscht wird, aber auch er versteht erst, was gewünscht wird,
nachdem er auch auf die Kommandobrücke gekommen und unter das
Schutzkleid derselben gekrochen ist.. Dann wird das Segel geborgen
und ein Sturmsegel in dreieckiger Form dafür gesetzt. Langsam
schleichen die Stunden dahin, wild heult der Wind, und immer
steiler wird die See — endlich schlägt es acht Glas, und durchnäßt
trotz Olrock, mit triefenden Kleidern steigt unser Leutnant nach Ab—
lösung von der Wache hinunter. Ehe er die Treppe nach unten erreicht hat,
packt ihn noch einmal ein kräftiger Windstoß, und eine hell überbrandende
See klatscht noch einmal mit ihrem Wassergruß auf seine Rückseite nieder,
es ist, als ob die Nordsee, die alte Mordsee, zu guter letzt ihm noch hätte
zurufen wollen: „So, nun hast Du was gelernt, grüß mir den Teifun,
wenn Du nach Asien kommst, und sieh' zu, ob er es besser kann wie ich!“
Nach Mitternacht wird es ruhiger. Als es hell wird, treibt
eine Menge Holz und verschiedenes Schiffsgetrummer auf dem Meere.
Treibende Schiffs- und Ladungstrümmer, die Ihr im Spiel
der Wellen vorüberflutet, was sprecht Ihr für eine beredte Sprache!
— Der Sturm ist vorüber, die Nachtwolken sind verflogen, und die
Sonne glitzert und funkelt über den grünen Wogen, und auf
dem Rücken derselben treiben sie dahin lose Balken einer Decksladung,
Spieren und Planken. Wo sind nun die ehemaligen Herren dieses
herrenlosen Gutes? Ist das Schiff, daß sie trug, in Trümmer zer—
schlagen, hat es unter den Trümmern das Lebendige begraben, hat
die Flut die Mannschaft von Deck gerissen oder treibt auf einsam,
zdem Meere ein gebrechlich Boot mit Menschen, dieum ihr Leben kämpfen?