Full text: Handbuch des mathematischen Unterrichts (2. Band)

‚26 8 5. Anwendungen der ebenen Trigonometrie 
Die niedere Geodäsie ist im wesentlichen nichts anderes als natürliche 
Planimetrie in horizontalen und in vertikalen Ebenen. Diese Tatsache 
wird der Lehrer beständig im Auge behalten und auch den Schülern nach 
and nach zum Bewußtsein bringen. Zu jeder irgendwie erkennbar ge- 
machten Stelle in oder über der Erdoberfläche gehört eine vertikale 
Gerade, die leicht durch ein Lot darzustellen ist. Innerhalb eines nicht 
zu ausgedehnten Feldes sind diese Geraden als parallel zu betrachten. 
Jede zu ihnen senkrechte, also horizontale Ebene wird von einer aus- 
gewählten Menge der Lotlinien in ebensoviel Punkten getroffen. Diese 
Punkte bilden einen Grundriß des betreffenden Teiles der Erdoberfläche 
in natürlicher Größe. Grundrisse desselben Feldes in horizontalen Ebenen 
von verschiedener Höhe dürfen als kongruent angesehen werden. Mes- 
sungen im Grundriß können also in jeder dieser horizontalen Ebenen vor- 
genommen werden, Je zwei Lotlinien des Feldes hestimmen eine vertikale 
Ebene, die jede Grundrißebene senkrecht schneidet. Dieselbe vertikale 
Ebene wird auch durch eine der beiden Lotlinien und einen beliebigen 
Punkt der anderen bestimmt. 
{. Die erste und einfachste Übung ist das Abstecken von geraden 
Linien im Grundriß. Sie bringt das Axiom zur Geltung, daß zwei 
Punkte eine Gerade bestimmen. Die beiden Punkte im Grundriß werden 
durch zwei natürliche Lote festgelegt, die durch Fluchtstäbe, Mauer- 
kanten usw. dargestellt werden können. In einer so bestimmten Geraden 
können dann weitere Punkte durch das sogenannte Einrichten und 
Kinweisen gefunden werden. 
Daran schließt sich die Streckenmessung im Grundriß. Sie 
wird zur Staffelmessung, wenn das Gelände zwischen den Endloten 
ler zu messenden Strecke geneigt. ist. 
Falls eine Strecke AB nicht begangen werden kann oder soll, 1äßt 
sie sich vielleicht an eine zugängliche Stelle verlegen. Man wählt außer- 
halb der Geraden 4 B den Punkt € so, daß AC und BC gemessen werden 
können. Verlängert man nun AC um das ebenso lange CD und BC 
am das ihm gleiche CH, so ist nach einem auch schon dem Anfänger 
bekannten Satze DE = AB. Diese Übung kann im Felde auch ganz 
ohne Hilfsmittel ausgeführt werden, indem man Schrittmaß anwendet 
and einige Schüler die Rolle der Fluchtstäbe übernehmen läßt. 
Die ersten Winkelmessungen im Grundriß können auf Winkel 
von 90° und 45° beschränkt und dann mit einer einfachen und leicht zu 
reschaffenden Kreuzscheibe oder Winkeltrommel ausgeführt werden. 
Auf einer abgesteckten Geraden wird an vorgeschriebener Stelle 
die Senkrechte errichtet, indem man einen Fluchtstab einweist. Wie 
man an zwei Senkrechten entlang eine Strecke der abgesteckten Geraden 
parallel zu sich selbst verlegen kann, um sie dann auszumessen, ist ohne 
weiteres klar.
	        
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