Full text: Handbuch des mathematischen Unterrichts (2. Band)

& 3. Trigonometrische Beweise geometrischer Sätze 
Durch die Gleichung: cos 9 = cos « - cos } wird ein einziger positiver Winkel be- 
stimmt, der kleiner ist als 180°” Da aber 4 >y ist, so ist « +2ß +1 7> 180°. Zu- 
dem ist: « +ß < 180°, ß+2 < 180°, also x«+2ß+2< 360°. 
Somit ist: «x +2ß +21=38360°— ©. 
Durch die Winkel x und 2% ist die Gestalt des Dreiecks eindeutig bestimmt. 
In den Formeln kommen die Winkel « und 2 gleichmäßig vor. Das tritt uns auch 
in der Figur entgegen: Die Dreiecke ABC und ABM haben den Winkel ß gemein- 
schaftlich, dagegen vertauschen in ihnen die Winkel « und 2 ihre Bedeutung. 
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s 3. Trigonometrische Beweise geometrischer Sätze, 
Soll beim trigonometrischen Unterricht das geometrische 
oder das arithmetische Prinzip vorherrschen? Unter dieser Über- 
schrift erschien im siebenten Bande von Hoffmanns Zeitschrift eine Arbeit 
von Reidt, in der er sich entschieden gegen die analytische Behandlung 
von trigonometrischen Aufgaben aussprach. Ihm antwortete Hauck 
‘m achten Bande derselben Zeitschrift, indem er genau den entgegen- 
gesetzten Standpunkt vertrat. Daraufhin veröffentlichte Reidt ein kleines 
Schriftchen, worin er im Gegensatz zu der früher vertretenen Ansicht 
Jie trigonometrische Analysis für Konstruktionsaufgaben nutzbar zu 
machen suchte und diese Methode auf etwa 300 Aufgaben an wandte. 
(Der Inhalt des Büchleins wurde in die späteren Auflagen seiner tr1g0on0- 
metrischen Aufgabensammlung aufgenommen.) 
Um diese auffallende Tatsache zu verstehen, muß man folgendes 
beachten. Eine weitverbreitete Sammlung von trigonometrischen Auf- 
zaben zeigte, daß die ebenen Dreiecke leicht berechnet werden können, 
wenn man für die gegebenen Stücke bestimmte Formeln aufstellt und 
Jiese nach einer einheitlichen Methode miteinander verbindet. Kine 
derartige Behandlung der Trigonometrie glaubte Reidt zurückweisen 
zu müssen, da sie nach seiner Ansicht zur geistigen Ausbildung zu wenig 
beitrage. Da er aber in der Berechnung von ebenen Polygonen die ein- 
zige Aufgabe der Trigonometrie sah, erklärte er die geometrische Methode 
für allein berechtigt und verlangte, daß auch die Rechnung sich möglichst 
eng an die Figur anschließen solle. Demgegenüber zeigte Hauck, daß 
die analytische Methode, richtig angewandt, sehr viel für die mathe- 
matische Bildung leiste und namentlich erfolgreich zur Lösung von Kon- 
struktionsaufgaben verwandt werden könne. Diesem Gedanken schloß 
sich Reidt an und verwertete ihn in dem genannten Büchlein. Ähnliche 
Mißverständnisse sind in der Pädagogik nicht selten: man beurteilt eine 
Methode vielfach nur nach ihren Auswüchsen und glaubt sie ganz ver- 
werfen zu müssen, weil sie verkehrt angewandt werden kann. 
Indem wir jetzt zur Beantwortung der gestellten Frage übergehen, 
möchten wir unseren Standpunkt kurz dadurch kennzeichnen, daß wir 
sagen: Beide Methoden haben ihre Vorzüge; sie schaden aber beide, so- 
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