Full text: Zur Frage der Erziehung des künstlerischen Nachwuchses

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einer unbezwinglichen Originalität und Selbständig- 
keit zu beschönigen.“ Und ob nicht überhaupt die künst- 
lerische Unrast und Zerfahrenheit unserer Zeit, das endlose 
Kunstgeschwätz und Kunstgetue, durch das sich die Gegen- 
wart bei oft recht unzureichender Leistung auszeichnet, zum 
Teil auf diese Ueberproduktion an Künstlern zurückzuführen ist, 
diese Frage soll hier nur gestreift werden. Bei der alten Werk- 
stattlehre war eine Ueberproduktion ausgeschlossen. . Hier kam 
es darauf an, zunächst einmal einen Meister zu suchen, der 
den Jungen aufnehmen wollte. Er kam dort in eine strenge 
Zucht, war er ungeeignet, so stellte sich das bald heraus. 
Und im allgemeinen war durch die beschränkte Anzahl der 
Lehrlingsstellen von selbst dafür gesorgt, daß eine Massen- 
hervorbringung von Künstlern, die nicht gebraucht werden, 
unterblieb. 
Wenn der Fall somit, wie hier zu zeigen versucht worden 
ist, so liegt, daß in der Tat die alte Werkstattlehre gar nicht 
so übel war, ja vielmehr gegenüber dem heutigen Schulbetrieb 
gewisse stark einleuchtende Vorzüge hatte, so drängt sich die 
Frage auf, ob nicht, wenn die Schulen nun einmal unentbehrlich 
sind, versucht werden sollte, wenigstens einige dieser Vorzüge 
in die Schulerziehung zu übertragen. Und in der Tat beruht 
hierin die Mehrzahl der neueren Versuche, die schulmäßige Aus- 
bildung des künstlerischen Nachwuchses zu verbessern. 
Der Entwicklungsverlauf der Kunstschulen ist im allgemeinen 
der gewesen, daß diese Anstalten (es handelte sich zuerst um 
die Akademien des 18. Jahrhunderts) eine Ergänzung der 
Meisterlehre bieten sollten. Man wollte auf der Grundlage der 
Erziehung, die in der Werkstatt des Meisters erfolgte, eine ge- 
wisse Nachhilfe auf den Gebieten eintreten lassen, die in der 
Werkstatt nicht behandelt werden konnten. So sollten auf den 
Akademien des 18. Jahrhunderts unter anderm auch Hand- 
werker im Zeichnen unterrichtet werden. Auch die späteren
	        
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