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Kunstproletariat der Maler und Bildhauer zu vermeiden, nur
diejenigen sich aus der kunsthandwerklichen Tätigkeit empor-
heben sollten, bei denen eine wirkliche Begabung, eine „künst-
lerische Sendung“ zu erkennen ‘sei. Diejenigen, bei denen dies
nicht der Fall sei, könnten dann wenigstens im Handwerk und
im Kunstgewerbe ein Unterkommen finden. Dagegen läßt sich
nicht viel einwenden, es sei denn die vielfach gemachte
Beobachtung, daß sich starke Sonderbegabungen einem solchen
von außen herangebrachten System nicht einordnen. Es ist zu-
zugeben, daß es keinem Künstler schaden kann, in seiner Jugend
ein Handwerk gelernt zu haben, mit den technischen Dingen
auf diese Weise bekannt geworden zu sein und das Denken
und Fühlen der breiteren Volkskreise kennengelernt zu haben.
Für viele jedoch, besonders diejenigen, die — etwa durch den
Besuch einer höheren Schule — sich erst in einem höheren Lebens-
alter der Kunst zuwenden, würde eine dreijährige handwerkliche
Lehrzeit Verschwendung sein und lediglich eine schädliche Hin-
ausschiebung ihrer eigentlichen Ausbildung bedeuten. Im übrigen
sollte bei wirklicher künstlerischer Begabung diese überhaupt
so früh wie möglich gepflegt und entwickelt werden. Die
gymnasiale Beschäftigung mit Philologie ist, wenn sie bis zum
18. oder 19. Jahre ausgedehnt wird, für solche Begabung eher
verderblich.