Full text: Expressionismus

hat der Künstler echt zu sein? Im fruchtbaren 
Augenblick des ersten Einfalls oder in den langen 
Stunden der Ausführung? Aber wo hört denn 
der Einfall auf, wann wird er zur Ausführung, 
und muß die Ausführung nicht immer wieder 
von neuem zum Einfall werden? 
Wir sind immer schon mißtrauisch, wenn ein 
Künstler auf einen äußeren Anlaß hin schafft. 
Aber Goethe, der Dichter der Gelegenheit —? 
Es widerstrebt uns, daß ein Künstler auf Be- 
stellung schafft. Aber Raffael und Michelangelo, 
Greco und Velasquez, Rubens und van Dyck 
haben auf Bestellung geschaffen! Mit der Echt- 
heit wird heute eine schreckliche Verlogenheit 
getrieben. Wir sind ja schon so weit, es dem 
Künstler zu verdenken, wenn er sich überhaupt 
etwas vornimmt. Ganz unbewußt wollen wir 
ihn, nachtwandelnd, von Gesichten überfallen; 
nur den Rauschkünstler, den Traumkünstler, 
den Wahnkünstler wollen wir! Aber der 
Rausch-, Wahn- und Traumkünstler Wagner, 
in so vielen Hoffnungen getäuscht, müde, bloß 
immer „stumme Partituren“ zu schreiben, in 
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