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bedingt auch für unser Gebiet den steten Wechsel der Winde und der Witterung.
Um diesen Einfluß richtig zu verstehen, muß man sich erinnern, daß die Gebiete
hohen und tiefen Luftdrucks nicht nur durch ihre gegenseitige Lage, wie oben an—
gedeutet, für die Windrichtung maßgebend sind, sondern daß ihnen auch be—
stimmte atmosphärische Zustände eigen sind. In die Gebiete niedrigen Luftdrucks
(Depressionen, Minima, Cyklonen) strömt die Luft von allen Seiten in gekrümmter
Bahn herein und steigt empor; beim Emporsteigen erkaltet sie schnell, so daß
bald Kondensation, Nebel, Wolken und Niederschläge eintreten; es herrscht in
ihnen trübes, häufig windiges, im Sommer kühles, im Winter mildes Wetter mit
Neigung zu Niederschlägen. Aus den Gebieten hohen Luftdrucks (Maxima,
Anticyklonen) strömt dagegen die Luft heraus und wird durch neue aus den
höheren Schichten ersetzt; die Luftmassen müssen sich aber beim Herabsinken er—
wärmen, sie werden trockener und lösen die etwa vorhandenen Wolken auf; es
herrscht in ihnen ruhigeres, trockenes, meist heiteres, unter dem Einfluß der Sonnen—
strahlung im Sommer heißes, unter dem Einfluß der vorwiegenden Ausstrahlung
im Winter kaltes Wetter. Die Fortbewegung der Minima erfolgt meist schnell,
die der Maxima meist langsam, sodaß die letzteren beständigere Witterung
haben als die ersteren. Je nach der Unterlage, auf der sich die Cyklonen und
Anticyklonen befinden, werden ihre geschilderten Eigenthümlichkeiten Abänderungen
erfahren: Die Eigenart der Cyklonen wird auf dem Meere verstärkt, auf dem
Kontinent geschwächt, die Eigenart der Anticyklonen aber umgekehrt auf dem
Meere geschwächt, auf dem Lande verstärkt.
Die Luftdruckvertheilung auf einem Gebiete und seiner Nachbarschaft, zu—
sammen mit der Art und Form der Unterlage derselben, bestimmt hiernach seine
Witterung und ihr Durchschnitt sein Klima.
Das Tiefland des Ems-Wesergebiets liegt von allen Gebieten Deutsch—
lands am nächsten jener atlantischen Depression, und demzufolge wird es am meisten
von Cyklonen berührt oder heimgesucht. Es hat unter dem Einfluß der vorwiegend
westlichen Winde, die fast noch reine Seewinde sind, sehr ausgeprägtes Seeklima.
Das Bergland entfernt sich bereits von demselben, zumal das häufig von Süd—
westen vordringende Maximum den kontinentalen Charakter verstärkt; mit der
Erhebung aber zeigt es wieder gewisse Annäherungen an das Seeklima. Beide
Theile können im Winter in den Bereich der östlichen Anticyklone gerathen und
das rauhe Winterwetter mit dem östlichen Binnenlande theilen, doch fällt ge—
wöhnlich dann nur der südliche strengerer Kälte anheim.
Jene drei Hauptzentren der Luftdruckvertheilung sind also bestimmend für
unser Klima, ihre Verschiebungen und Umformungen von Tag zu Tag für den
Wechsel der Witterung; ja, es ist anzunehmen, daß ihre mittleren Lagen—
veränderungen im Laufe längerer Zeiträume auch jene unregelmäßigen Schwan—
kungen im säkularen Gange von Temperatur und Niederschlag bedingen, welche
in den Schlußkapiteln der vorigen Abschnitte ihre Darstellung gefunden haben.
So wenig aber für diese Schwankungen eine Begründung gegeben werden konnte,
so wenig ist man gegenwärtig im Stande, jene Lageveränderungen auf ihre wahren
Ursachen mit Sicherheit zurückzuführen.