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topographischen Karte, so zeigt sich, daß dieselbe fast überall am Fuße eines
steileren Anstiegs entlang läuft und sanfter gewölbte Höhen von steileren und
durch tiefe Thäler reichlicher zerschnittenen Bergen trennt oder aber als Thal—
linie die verschieden gearteten Berge scheidet, also auch eine in topographischer
Beziehung wohlbegründete Grenze bildet. Noch schärfer hebt sich der Thüringer—
wald gegen das nordöstliche Vorland ab, da dieses ebener gestaltet ist als das
südwestliche und nur mit einem schmalen Hügelrande zum Thüringerwalde an—
steigt. Auch im Nordosten ist die Linie, in welcher der Buntsandstein an das
ältere Gebirge stößt, eine auch äußerlich leicht erkennbare; sie verläuft von
Georgenthal über Friedrichroda, Tabarz, Schwarzhausen, Schmerbach, Seebach,
Kittelsthal und Eisenach nach Hörschel.
Den Thüringerwald selbst kann man zur bequemeren Orientierung nach
Stange“*) in drei Haupttheile zerlegen, von denen der südöstlichste, welcher bis
zu der Linie: Gehren, Möhrenbach, Altenfeld, Gieshübel, Ernstthal, Waldau
reicht, nur noch mit einer kleinen Ecke, der die Quellbäche der Werra entspringen,
in das Wesergebiet hineinragt. Er umfaßt jenen Theil des Thüringerwaldes,
der entgegen den beiden nordwestlich gelegenen Abschnitten stark verbreitert und
vorwiegend von paläozoischen Schiefern aufgebaut ist, sodaß man ihn das
Thüringische Schiefergebirge“ nennen kann. Der zweite und dritte Theil bilden
den ersten gegenüber den „Thüringerwald im engeren Sinne“, der einen
schmaleren kammartigen Gebirgszug darstellt. Der zweite oder mittlere Theil reicht
von der Linie Gehren —Waldau bis zum Nesselberger Paß, über welchen die
Landstraße von Floh nach Tambach führt. Von diesem Theile gehört nur etwa
die Hälfte, nämlich der südwestliche Abhang, zum Wesergebiet. Fast ganz da—
gegen gehört der dritte, nordwestliche Abschnitt dazu.
Der südöstliche Theil, das Thüringische Schiefergebirge wird von
Loretz**) als ein Gebirgsland geschildert, das in seinen höheren Theilen durch
schwach gewölbte Gipfelformen, lang hinziehende Rücken und wellenförmig ge—
staltete Hochflächen gebildet wird. Der kleine Abschnitt, der dem Weserstrom—
gebiete angehört, ist, wie überhaupt die Südwestseite, durch eine große Anzahl
Thäler und Schluchten zerschnitten, in welchen hier die Quellbäche der Werra
vom Gebirge herabrauschen. Auf dem Rennsteig, jenem uralten Grenzweg zwischen
den Thüringern und Franken, der fast in der ganzen Erstreckung des Gebirges
auf dem Kamme sich hinzieht, liegt der Punkt, in welchem die Wasserscheiden
von Elbe, Weser und Main zusammenstoßen, nämlich am sogenannten Märterle
auf der als „Saar“ bezeichneten Bergkuppe bei Siegmundsburg in etwa — 800 m
Meereshöhe. Die höchsten Punkte des zum Wesergebiet gehörigen Gebirgstheils
sind aber die Spitze des Rüttelsberges mit — 806 m, der Schmieden mit
832 m, und der Pleßberg mit —. 864m, welche nach Südwesten vorge—
schobene Ausläufer bilden. Die Thäler der Bäche, nämlich die Quellbäche der
Werra und Zuflüsse der Schleuse, sind Erosionsthäler; es ist allerdings nicht
ausgeschlossen, daß in den so vielfach gefalteten Gesteinen ursprünglich tektonische
*) P. Stange „Orometrie des Thüringerwaldes“. Petermanns Mittheilungen 1885.
**) Loretz „Beitrag zur geologischen Kenntniß der kambrisch-phyllitischen Schiefer—
ceihe in Thüringen“. Jahrbuch der geologischen Landesanstalt für 188141. Berlin 80.