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Momente denselben ihre Richtung vorgezeichnet haben, aber solche sind heute
nicht mehr zu erkennen. Die Gesteine, welche das Gebirge zusammensetzen,
sind vorwiegend stark zusammengeschobene, vielfach gefaltete Schiefer aus der
iltesten der bekannten Formationen, dem Kambrium. Das vorherrschende
Streichen dieser Schichten geht von Südwesten nach Nordosten; jedoch kommen
vielfach untergeordnete Abweichungen vor. Die Schiefer sind von verschieden—
artiger Beschaffenheit; Thonschiefer, Quarzitschiefer, Porphyroid und andere
Varietäten wechseln mit einander; dazwischen schieben sich Quarzitbänke, die in
ihrer größeren Härte der Erosion stärkeren Widerstand entgegensetzen als die
Schiefergesteine und die mit dem derben Quarz, der den Porphyroid in großer
Menge durchzieht, das Schottermaterial der Bäche liefern. Daneben sei bemerkt,
daß der Quarzit hier in geringer Menge Gold enthält, woher der schwache Gold—
gehalt der Werra rührt, welcher in vergangenen Jahrhunderten ausgebeutet
wurde. Noch jetzt sollen zahlreiche Kieshaufen im Thalgrund an diese alte
Industrie erinnern. Auch vulkanische Gesteine weist das Gebiet auf, Orthoklas—
porphyr, Glimmerporphyrit und Kersantit durchziehen in mannigfach verzweigten
Gängen die Schiefermassen, bilden jedoch oberflächlich keine weit ausgedehnten
Gebiete. In dem größtentheils waldigen Gelände verrathen sie sich nur durch
umherliegende Blöcke und Gesteinsbruchstücke.
Der Thüringerwald im engeren Sinne umfaßt den mittleren und den
nordwestlichen Abschnitt der oben gegebenen Gliederung, welche beide in topo—
graphischer und auch geologischer Beziehung gegenüber dem Thüringischen Schiefer—
gebirge eine engere Zusammengehörigkeit aufweisen. Während dieses mehr die
Gestalt einer Platte, die allerdings vielfach durchfurcht ist, aufweist, tragen die
beiden nordwestlichen Abschnitte das Aussehen eines Kettengebirges, dessen Kamm—
länge nach Regel's Angaben 101 kmebeträgt, die mittlere Kammhöhe — 726,8 m,
die mittlere Gipfelhöhe 4. 748,6 m und die mittlere Sattelhöhe 4 704 m.
Der mittlere Abschnitt ist weit höher als der nordwestliche. Der höchste
Punkt ist der Gr. Beerberg mit — 983 m, der in der Mitte des mittleren Ab—
schnitts liegt; nahe bei ihm, jedoch mit seinem Gipfel nicht mehr im Wesergebiet,
steht der Schneekopf mit — 969 m; andere hervorragende Kuppen der Wasserscheide
sind der Donnershauk (4. 892 m) und die Schmücke (4 911 m). Die Wasser⸗
scheide durchzieht den Abschnitt der Länge nach, nur ist im Südosten der Antheil
des Wesergebiets breiter, während im Nordwesten das Elbegebiet größeren Raum
einnimmt. Unter den Höhen, welche vom Kamm aus nach Südwesten, also in
das Wesergebiet, vorgeschoben sind, nimmt die Gruppe des Adlerberges (4. 849 m)
den ersten Rang ein; steil fallen seine Wände zu den Thälern ab, welche ihre
Bäche der Schleuse zuführen. Der Gruppe des Adlerberges entspricht auf der
Nordostseite der Kickelhahn, der durch Goethe eine die Nachbarberge überragende
Berühmtheit erhalten hat. Die Entwässerung dieser hier nicht näher zu be—
handelnden Höhen geschieht durch die IIm, Gera und Apfelstedt. Im südwest—⸗
lichen Abfall besorgen zunächst die Schleuse und ihre Nebenflüßchen die Ent—
wässerung; ferner sammelt sich bei Suhl eine Anzahl Bäche von den Gehängen
des Gr. Beerberges, die der Werra durch die Hasel zuströmen, ein Flüßchen, das
weiter unterhalb auch noch die selbständig den Thüringerwald verlassenden