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laufe einerseits gegen den Oberlauf und andererseits gegen den Unterlauf ein⸗
tritt, beträchtlich größer sein wird als die Entwicklung der einzelnen Haupt—
strecken. Nur beim Mittellaufe selbst darf man eine ähnlich große Entwicklung
voraussetzen, da zu ihm das vielgewundene Durchbruchthal zwischen Hörschel
und Treffurt gehört. Hauptsächlich ist die Entwicklung hier durch die gewundene
Form des Flußthals bedingt, die auch beim Unterlaufe stellenweise ein bedeutendes
Abweichen von der Luftlinie hervorruft, z. B. an der großen Schleife bei Linde—
werra, wo auf 900 m Abstand die Werra einen Umweg von 3,5 km beschreibt
(289 0/0 Entwicklung). Beim Oberlaufe und Quellbache verläuft dagegen das
Thal im Allgemeinen schlank; plötzliche Richtungsänderungen kommen nur selten
vor, z. B. bei Reurieth und am Nadelöhre unterhalb Henfstädt. Innerhalb
dieses meist sanft gewundenen Thales hat die Werra einen gekrümmten Lauf,
der sich in ziemlich großen Bögen bald der einen, bald der anderen Thalwand
nähert, aber nirgends übermäßig zahlreiche und scharfe Schleifen aufweist, die
ihm eine mäanderförmige Gestalt geben würden. Ebenso gering ist die Lauf—
entwicklung in den übrigen Strecken, auch beim Mittellaufe, obgleich hier das
Thal größeren Spielraum läßt als beim Quellbache, dessen kleine Entwicklungs⸗
zahl für einen gefällreichen Gebirgsbach keine Besonderheit ist.
Flußstrecke
Lauf⸗
länge
Thal⸗
länge
Luft⸗
linie
Lauf⸗ Thal⸗ Fluß⸗
Entwicklung
àm km Kkmm
d 0 /0
Quellbach (Quellbach —Bockstädter Mühle). “18
Oberlauf (Bockstädter M.—Heimboldshausen) 121,8 102
Mittellauf (Heimboldshausen —oberh. Treffurt) 785, 606
Unterlauf (oberhalb Treffurt —Mündung). .82,0 6)
Im Ganzen 208,2 247 188.01 19 70 112,5
22,8
49,8
108,9
54,7
19
Die verhältnißmäßig sehr geringe Größe der Laufentwicklung ist nicht durch—
weg natürlich, sondern theilweise eine Folge künstlicher Eingriffe. Wenn auch
in neuerer Zeit nur wenige Durchstiche zur Begradigung stark gekrümmter
Strecken ausgeführt worden sind, so hat doch die seit Jahren übliche Befestigung
der Ufer veranlaßt, daß früher von selbst entstandene Abkürzungen des Fluß—
laufs erhalten geblieben sind und die Durchbrüche von Schleifen nicht neue
Schleifenbildungen verursacht haben, wie dies bei einem sich selbst überlassenen
Gewässer zu geschehen pflegt. Deutliche Anzeichen von solchen vormals ein⸗
getretenen Verlegungen des Flußlaufs findet man überall, wo die Thalsohle ihm
Platz für derartiges Hin- und Herschieben gelassen hat. Nur selten ist es aber
möglich, die vorhandenen Schlenken als Altläufe einer künstlichen Begradigung
nachzuweisen, z. B. an der 1842,46 von Kurhessen und Sachsen-Meiningen
gemeinschaftlich mit 5 Durchstichen gradgelegten Strecke Wernshausen — Frauen⸗
breitungen, ferner am Mittellaufe bei U.Suhl, wo 1837 /38 ein Durchstich aus—
geführt wurde, und an mehreren Stellen des Unterlaufs. Aber auch, wo keine
icheren Angaben vorliegen, läßt sich die gestreckte Form des jetzigen Bettes