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die Wiesen ohnehin theilweise versumpft. Die gerichtliche Klage wurde ab—
gewiesen, weil nach dem dort geltenden bayrischen Gesetze vom 28. Mai 1852
der Ufereigenthümer das Wasser zur Wiesenbewässerung unbeschränkt benutzen
darf, wenn es innerhalb seiner Grenzen wieder zurückgeführt wird.
Die ehemals kurhessischen Flußstrecken unterliegen der Wasserbauverordnung
vom 31. Dezember 1824 (vergl. S. 368), wonach bei den öffentlichen Gewässern
die Instandhaltung der Ufer durch die Anlieger, die Reinhaltung des Bettes durch
die Gemeinden bewirkt werden muß,; erforderlichenfalls kann die staatliche Auf—
sichtsbehörde sie hierzu zwangsweise anhalten. Obgleich dieser Zwang im Hinblick
auf die Leistungsfähigkeit der Verpflichteten milde gehandhabt wird, haben jene
Verordnungen doch eine im Großen und Ganzen geregelte Uferpflege bewirkt,
durch die sich der Flußlauf gegen andere Gebirgsflüsse vortheilhaft auszeichnet.
Meistens sind die Ufer im oberen Theile flach abgeböscht und mit Rasen be—
wachsen, nach unten hin mit Spreutlage bekleidet, die häufig zwischen den Würsten
mit Steinen ausgerollt ist. Abgesehen von den übermäßig gekrümmten Strecken,
deren Zustand nur durch planmäßigen Ausbau zu verbessern wäre, hat das Fluß—
bett mit der Zeit eine ziemlich regelmäßige Gestalt angenommen und bleibt von
größeren Abbrüchen verschont. Wie schon mehrfach erwähnt, ist die kurhessische
Regierung den Bauverpflichteten öfters durch Beiträge zu Hülfe gekommen, wenn
sie nicht im Stande waren, die Kosten der Uferbauten ganz aus eigenen Mitteln
zu bestreiten, und auch jetzt werden den bauausführenden Gemeinden im Be—
dürfnißfalle solche Unterstützungen vom Staate und vom Bezirksverbande gewährt.
Unter Umständen haben diese Zuschüsse solche Höhe erreicht, daß die bau—
verpflichtete Gemeinde verhältnißmäßig geringe Geldmittel aufzuwenden hatte oder
sich vollständig mit Hand- und Spanndiensten abfinden konnte. Namentlich ist
dies zuweilen der Fall, wenn der Uferbau gleichzeitig einer drohenden Ver—
wilderung vorbeugen soll, da nach 8 38 der kurhessischen Wasserbauverordnung der
Fiskus die Wasserbauten, auch falls dies nicht von selbst zu seinen Verpflichtungen
gehört, dann auszuführen hat, wenn sie weniger den Schutz einzelner Uferstellen,
als vielmehr die Erhaltung des Flußbetts bezwecken. Beispielsweise wurde 1878
der Gemeinde Kohlhausen oberhalb Hersfeld ein Zuschuß von 3000 Mark für
die Befestigung des „Rothen Rains“ bewilligt, um die Abrutschung dieses 10 m
hohen, vom Hochwasser abgebrochenen Steilufers zu verhüten.
Durch zahlreiche Stauanlagen, namentlich im Kreise Fulda, wird das Fulda—
wasser in Mühlgräben (zum Theil ehemaligen Flußarmen, vergl. S. 398/6) für den
Betrieb von Mahl- und Sägemühlen abgeleitet oder zur Bewässerung der Thal—
wiesen verwandt. An der letzten Strecke des Quellbachs und am Oberlaufe
oberhalb Fulda sind die Mühlgräben meistens sehr lang und haben daher so viel
Gefälle, daß von demselben Graben mehrere Mühlen betrieben werden, z. B. bei
Rönshausen, bei Eichenzell und bei Fulda, wo der am Ueberfallwehre oberhalb
Kohlhaus abgeleitete Mühlgraben die Walkemühle, die Ziegelmühle und Weberei—
und Sägemühle der Fuldaer Schuhstofffabrik treibt; letzterer wird außerdem durch
ein besonderes, weiter unterhalb in der Fulda befindliches Wehr Betriebswasser
für ihre beiden 60-pferdekräftigen Turbinen zugeleitet. Ferner liegen oberhalb
und bei Fulda noch Ueberfallwehre für die derselben Fabrik gehörige, gleichfalls