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hierfür aufgestellte, auf rd. 1,88 Millionen Mark veranschlagte Entwurf schlug
die Anlage eines Umfluthkanals im Zuge der erwähnten natürlichen Rinne
vor; er sollte mit Fluthbrücken von solcher Weite versehen werden und der—
artige Abmessungen erhalten, daß er einen genügend großen Theil des Hoch—
wassers geregelt abzuleiten vermöchte. Ferner war eine Erweiterung des Hoch—
wasserbettes bei Wolfsanger geplant, um Rückstau von dort zu vermeiden, da
dieser Rückstau am 18. Januar 1841 bis etwa Km. 0,35, d. h. 350 m unter⸗
halb des Kasseler Wehres gereicht hat. Die Geschwindigkeit der Hochwasser—
strömung war damals unter der 170 m oberhalb des Wehres liegenden Brücke
so groß, daß die unbefestigte Sohle angegriffen wurde und die Pfeiler nach—
träglich durch Steinschüttung gegen Unterspülung geschützt werden mußten.“)
Nachdem die Verhandlungen über die Ausführung dieses Entwurfes ergebnißlos
geblieben waren, haben 1892,94 nochmals Vorerhebungen für eine Verbesserung
der Hochwasserverhältnisse stattgefunden. Fertiggestellt ist nur eine Vertheidigungs—
maßregel, nämlich die Sohlenbefestigung des Flußbettes zwischen der Straßen—
brücke und dem Wehre mit einem Netze von steinernen Grundschwellen zur
Sicherung der Brückenanlage (1896), um einer Auskolkung der Sohle und einem
Wehrbruche vorzubeugen, der dann auch den Einsturz der Brücke nach sich ziehen
könnte. Aus Anlaß des für die Unterneustadt aufgestellten Bebauungsplans
war 1892 der Stadtverwaltung aufgegeben worden, die Vorfluthhindernisse der
Seitenströmung in einer Breite von 160 m wegzuräumen. Ob statt dessen der
Hauptarm zur vollständigen Bewältigung der Hochwasserabführung ausgebaut und
jenes werthvolle Gelände für die Bebauung freigegeben werden soll, ist eine seitdem
noch schwebende Frage. In diesem Falle kommt eine hochwasserfreie Eindeichung
zwischen dem Damme der Waldkappeler Eisenbahn und dem hochwasserfreien Ge—
lände bei Wolfsanger in Betracht. Hierfür und für die Ermittlung des Durchfluß—
querschnitts einer bei Wolfsanger geplanten Brückenanlage würde mit einer der Hoch—
fluth von 1841 entsprechenden größten Abflußmenge zu rechnen sein, die nach der
neuesten Ermittlung auf 1900 bis 2000 cbmn/sec anzunehmen wäre (vergl. S. 430).
Die genannten Stauanlagen sind meistens Sattelwehre aus Bruchsteinen
mit Quaderverkleidung ohne Mörtel zwischen verholmten Pfahlreihen oben und
unten. Nur das Melsunger Wehr besteht aus einer beiderseits von Spund—
wänden eingeschlossenen, mit Trockenpflaster abgedeckten Steinschüttung und das
im Nebenarme der Fulda unterhalb Melsungen zum Betrieb einer Wollwaaren—
fabrik angelegte Wehr aus Beton zwischen Spundwänden. Letzteres hat bei
niedrigem Wasserstande 1,2m Stauhöhe, wogegen bei den älteren, im Hauptarme
liegenden Wehren die Stauhöhe durchschnittlich 1.7 m beträgt. Die größte
*) Das größte bekannte Hochwasser vom 5./6. Januar 1648 ist am Rondelpegel
bei Kassel nach Ausweis mehrerer Hochwassermarken noch 1,85 m, die Hochfluth vom
16. Januar 1682 ebenso 0,88 mehöher gestiegen als am 18. Jamnar 1841. Obgleich die
alte Brücke enger und niedriger als die jetzige war, scheint die Strömung daselbst 1648
nicht sehr bedeutend gewesen zu sein, da „ein Soldat es ohne Gefahr wagen konnte, das
Geländer zu übersteigen und die sich stauenden Holzscheite aufzufangen.“ (Aktenstück
„Wasserfluthen“ der Ständischen Landesbibliothek zu Kassel.) Die Erklärung hierfür glaubt
man in dem Umstande finden zu sollen, daß bei der größeren Hochfluth der Rückstau aus
der Thalenge unterhalb Wolfsanger noch weiter flußaufwärts gereicht habe als 1841.