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falls seit der Mitte des 13. Jahrhunderts, als Münden den thüringisch-hessischen
Landgrafen verloren gegangen war, nicht bestanden. Diese Thatsache weiß man
schon aus der Geschichte der Erfindungen; denn bekanntlich ist das erste mit
Dampfkraft betriebene Ruderradschiff (vom Marburger Professor Papin gebaut)
bei dem Versuche, die Durchfahrt von Kassel nach Bremen zu erzwingen, am
27. September 1707 von den Mündener Schiffern zerstört worden.“) Erst nach
der Vereinigung Hannovers und Kurhessens unter preußischer Herrschaft war die
Möglichkeit gegeben, die Wasserstraße der Weser bis Kassel hinaufzuführen,
welche Stadt ein besserer Endpunkt der Weserschiffahrt zu sein schien als das
kleine, durch die örtlichen Verhältnisse auch als Umschlageplatz wenig geeignete
Münden. Mit der fortschreitenden Verbesserung der Schiffbarkeit der Weser—
strecke Münden — Karlshafen gewann der Plan einer Kanalisierung der Fulda
mehr und mehr feste Gestalt. Auf Grund eines 1879/,80 aufgestellten Vorent—
wurfes wurde 1883,84 ein Entwurf bearbeitet, der mit einigen Aenderungen
1893 /94 zur Ausführung gelangt ist. Ueber die Bauanlagen und ihre bisherige
Bewährung enthalten die letzten Jahrgänge der Zeitschrift fir Bauwesen**)
ausführliche Mittheilungen, denen nachstehende Angaben entlehnt sind.
Das Gesammtgefälle der Fulda vom Unterwasser der alten Kasseler
Schleuse bis zum Wasserspiegel der Weser bei Münden beträgt bei niedrigstem
Wasserstande 18,71 m auf 27,8 kKm Länge. Durch die Wassertriebwerke bei
Spickershausen und Speele, deren Unterwasser nicht gehoben und Oberwasser
nicht gesenkt werden durfte, war die Lage von zwei Stauwerken und die Spiegel—
höhe der zugehörigen Haltungen bestimmt. Für die Feststellung des Stauspiegels
in der obersten Haltung war einerseits dieselbe Rücksicht auf das Unterwasser
der Kasseler Mühlen zu nehmen, andererseits eine möglichst hohe Lage zur Ver—
minderung der Kosten und Erleichterung des Betriebs der Kasseler Hafenanlage
erwünscht. Bei Münden mußte mit Rücksicht auf die dortige Mühlenanlage die
anfangs beabsichtigte Aenderung der Stauanlagen aufgegeben und als Spiegel—
höhe der untersten Haltung die Kronenhöhe des unteren Mühlenwehres ange—
nommen werden. Zwischen dem Unterwasser des oberen und dem Oberwasser
des unteren Wassertriebwerkes betrug der Höhenunterschied für Spickershausen—
Speele 42,44 w, für Speele-Münden 5,88 m; hier war also die Einschaltung
von einem Zwischenstau auf der erstgenannten und von zwei Zwischenstauen auf
der letztgenannten Strecke nothwendig. Ferner war es erforderlich, an allen
Staustufen den Stauspiegel annähernd in Höhe des höchsten schiffbaren Wasser—
standes zu legen, da bei dem starken Gefälle der Fulda darauf verzichtet werden
mußte, nach Oeffnung der zur Ausführung gebrachten Nadelwehre freie Schiff—
fahrt zu betreiben. Auch war die Einschränkung der Baggerungen auf ein thun—
lichst geringes Maß zu beachten und anzustreben, mehreren auf einander folgenden
Wehren gleiche Stauhöhe zu geben, um die Herstellungskosten zu vermindern und
die in Vorrath gehaltenen Wehrtheile an mehreren Stellen verwenden zu können.
) Rühlmann, „Allgemeine Maschinenlehre“. 4. Bd. S. 72. Braunschweig 1875.
**) Volkmann und Twiehaus, „Die Kanalisierung der Fulda von Kassel bis
Münden“. Zschr. f. Bauwesen, Jahrg. 1899, S. 401 ff.
Greve, „Von der kanalisierten Fulda“. Zschr. f. Bauwesen, Jahrg. 1900, S. 411 ff.