4. Abtheilung. 5. Kapitel.
Beschaffenheit des Strombekts.
1. Im Gebirgslande (Obere Weser).
Bei Betrachtung der Beschaffenheit des Strombetts der Weser im Gebirgs—
lande erscheint die Frage nach dem Ursprunge der Geschiebe, die von hier aus
in die Flachlandstrecken gelangen, am wichtigsten und soll den breitesten Raum
einnehmen. Bevor wir hierauf eingehen, möge ein kurzer Ueberblick über die
Beschaffenheit der Ufer und der Sohle des Strombetts vorangeschickt werden,
getrennt nach den als Ober-, Mittel- und Unterlauf der Oberen Weser be—
zeichneten Abschnitten.
Für die drei Abschnitte gemeinsam ist zu bemerken, daß die Ufer sich
gegenwärtig überall in einem guten Zustande befinden, der im Anfange des
19. Jahrhunderts an den meisten Stellen noch unbekannt war und nur durch
langjährige Arbeiten erreicht werden konnte. Vielfach liegen die ursprünglichen,
rüher den Angriffen der Strömung unmittelbar ausgesetzten Ufer jetzt im Schutze
oon künstlich erzeugten Verlandungen oder von Strombauwerken, die allmählich
solche hervorrufen. Die ehemals berüchtigten Abbrüche beschränken sich jetzt auf
selten eintretende, zumeist unbedeutende Schäden und auf geringe Flächen, z. B.
durch Eisgänge bei mittelhohem Wasserstande. Derartige Schäden lassen sich
aber leicht ausbessern, und die vom Eise verwundete Rasendecke narbt rasch
wieder zu. Auch der Zustand der Sohle hat eine erhebliche Aenderung erfahren,
seitdem durch Sicherung der Ufer, Festlegung der Stromrinne und Einschränkung
des Bettes die Menge der bei jeder Anschwellung in Bewegung gerathenden
teichten Geschiebe, besonders des Sandes, bedeutend vermindert worden ist.
Hierzu kommt, daß der Ausbau des Stromes die Eisgefahr außerordentlich ab—
geschwächt hat, die früher den Anliegern oft schwere Sorgen bereitete und die
Instandhaltung der Ufer sehr erschwerte. Schließlich haben durch die tiefere
Einbettung der Weser nicht nur die lästigen sommerlichen Ueberschwemmungen
an Zahl und Umfang abgenommen, sondern sind auch infolge jener geringeren
Sandführung die nachtheiligen Wirkungen des ausufernden Hochwassers in Bezug
auf Versandung der Uferwiesen größtentheils verschwunden.
Am Oberlaufe von Münden bis Karlshafen sind die natürlichen Ufer oft
iiemlich steil geböscht mit 1:2 bis 4, nur in Krümmungen an den vorspringenden