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Immerhin brachten die Weser und Aller gemeinschaftlich genügende Massen
don Sand und thonigen Sinkstoffen nach der vorher schon in Aufhöhung be—
griffenen unteren Strecke des Oberlaufs (Baden — Bremen), um diese und den
neben ihr liegenden Theil der Niederung auf der rechten Seite höher aufzulanden,
als die linke Seite lag. Umgekehrt wie in der Vorzeit, bestand deshalb nun
das Bestreben, von rechts nach links auszubrechen, und bei größeren Hochfluthen
hat dies der Strom durch Rückstau in die Eyter und Abfluß nach der Ochtum
auch öfters gethan, zuletzt noch im März 1881. Hier war demnach wiederum
eine größere Stromverlegung in Aussicht, als durch Anlage der Deiche der Zu—
tand, wie er sich zufällig bis zur Zeit der Eindeichung entwickelt hatte, festgelegt
ind späterhin vertheidigt wurde. Ebenso würde in der oberen Strecke der
Hoya—Bremener Niederung die Weser voraussichtlich neue Verschiebungen ihres
Laufes erfahren haben, wenn nicht durch Eindeichung dem stetigen Wandel ein
Ziel gesetzt worden wäre. Befördert worden sein mag die Aufhöhung der Weser—
halsohle in jener unteren Strecke früher durch die in Bremen mit Brücken- und
Uferbauten künstlich geschaffene Stromenge, die einen weit zurückgreifenden Stau
»erursachte und noch kürzlich die Verbesserung der Vorfluth durch die Tide—
ichwankung bis oberhalb Bremen nicht voll wirksam hatte werden lassen.
Mindestens ebenso große Veränderungen haben sich im äußeren Mündungs—
becken vollzogen, das vor Entstehung der Marschen und Moore zwischen dem
beiderseitigen Geestlande bis nach Bremen hinauf eine große Wasserfläche war.
Allmählich entstanden dann aus den Anschwemmungen des Stromes und des
Meeres umfangreiche Bänke, die am Rande der Mündungsarme infolge der
ceichlichen Schlickzufuhr höher anwuchsen, während sich in den zurück liegenden
Theilen anfangs schwache Dargschichten und darüber die Hochmoore ent—
wickelten.) Schon in sehr alter Zeit eigneten sich diese Moore zu Nieder—
assungen vorzüglich, da ihre höhere Lage den Bewohnern der Marschinseln
„eine gesicherte Stätte bot, wohin auch das Weidevieh gerettet werden konnte,
wenn einbrechende Fluthen das benachbarte niedrige, nur durch schwache Deiche
geschützte Marschland überschwemmten; auch bot das Moor zugleich Gelegenheit,
einigen Ackerbau zu treiben. So sind die ältesten Niederlassungen kranzartig
auf der Grenze zwischen Marsch und Moor entstanden, und die Häuser wurden
anfangs auf das Moor gebaut.“
Die alten Mündungsarme sind durch ihre Klaiablagerungen zwischen den
Mooren des Stad- und Butjadingerlandes zu erkennen und ihre Grenzen nach
den theilweise noch erhaltenen alten Deichen derart zu bestimmen, daß Lasius**)
zine Karte des Weserdeltas um das durch eine verheerende Sturmfluth berüchtigte
Jahr 1511 entwerfen konnte, die Salfeld's Aufsatz beigefügt ist. Die Liene
zweigte zwischen Elsfleth und dem Dorfe Lienen westlich ab und floß über
*) Nähere Angaben hierüber enthalten der auf S. 125 genannte Aufsatz von
Salfeld und die in ihm erwähnten Schriften, denen noch beizufügen ist das Werk von
P. Kollmann „Statistische Beschreibung der Gemeinden des Herzogthums Oldenburg“.
Oldenburg, 1897.
**) O. Lasius „Ueber die Gestalt der Wesermündungen vor 300 Jahren“. (Olden—
hurgische Blätter Nr. 183. 14. 15.) Oldenburg, 1824.