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läßt dieser Schutz oft noch zu wünschen übrig, weil die Deichanlagen theilweise
keinen beiderseitigen Anschluß an hochwasserfreies Gelände haben oder nicht hoch
genug zur Abwehr großer Hochfluthen oder mit Ueberläufen versehen sind, um
das unterhalb zu enge Hochwasserbett in außergewöhnlichen Fällen entlasten zu
können. Große Niederungsflächen liegen hinter Sommerdeichen, deren Kronenhöhe
nur zur Abwehr sommerlicher Anschwellungen ausreicht, jedoch die Ueberströmung
bei den im Winter und Frühjahrsanfange eintretenden größeren Hochfluthen
erlaubt. Stellenweise erfüllen die höher aufgelandeten Uferrehnen denselben Zweck.
Die in diesen Flächen und auf den Vorländern befindlichen Wege werden gleich bei
der Anlage auf Ueberströmungen eingerichtet; auch die Eisenbahnlinien Uchte —
Wunstorf und Hoya —Eystrup gerathen bei großen Hochfluthen theilweise unter
Wasser. Ueberhaupt bildet von Minden bis Bremen die Eisenbahnlinie Venlo —
Hamburg bei Dreye den einzigen Thalübergang, an dem zur Zeit umfangreicher
Ueberschwemmungen der Landverkehr zwischen den beiden Thalseiten keine Unter—
zrechung erfährt.
Alle diese Umstände weisen darauf hin, daß die Ackerwirthschaft im Flach—
andthale der Weser keine solche Bedeutung besitzen kann wie im Gebirgsthale,
abgesehen von den hochwasserfrei eingedeichten Niederungen, die indessen ebenfalls
viel Grasland umfassen, namentlich an den unteren Strecken. Bodenbeschaffen—
heit, Höhenlage, Grundwasser- und Ueberfluthungsverhältnisse machen das im
eingeschränkten Ueberschwemmungsgebiete liegende Gelände zur Benutzung als
Weiden oder Wiesen vorzugsweise geeignet, die nur durch die selten eintretenden
hohen Sommerfluthen Schaden leiden, aber von den winterlichen Ueberfluthungen
Nutzen ziehen. Gefürchtet werden diese blos dort, wo sie bei der Ueberströmung
Ausrisse oder Versandungen verursachen, besonders zur Zeit des Eisganges,
ferner von den Besitzern der zur Ackerkultur dienenden Grundstücke und den Be—
wohnern niedrig gelegener Gehöfte. Auch an der Weser im Flachlande sind seit
den vierziger Jahren in dieser Beziehung mancherlei Aenderungen vorgenommen
worden, die sich bei der Wiederkehr eines so außergewöhnlichen Hochwassers wie
im Januar 1841 recht nachtheilig erweisen dürften. Namentlich haben sich aber
seitdem die Verhältnisse an den hochwasserfrei eingedeichten Strecken unterhalb
Hoya bedeutend geändert, weil die Entlastung des Hochwasserbetts nicht mehr in
der damaligen Weise stattfinden kann, und die Gefahr des gewaltsamen Durch—
bruchs der Deiche, etwa infolge einer hartnäckigen Eisstopfung, ist erheblich ver—
größert worden.
Innerhalb der Thastrecke Weserscharte — Ovenstädt, die den Uebergang
aus dem Thalgelände der Oberen Weser in die Niederungen des Flachlandes
hildet, dienen die höheren Lagen der Thalsohle ausschließlich zum Ackerban, ob—
gleich sie vom großen Hochwasser überfluthet werden können, die niedrigen
Lagen längs der Stromufer und in alten Stromarmen als. Wiesen. Der Ober—
boden besteht fast durchweg aus Lehm, dessen Mischungsverhältniß von sandiger
bis zu thoniger Beschaffenheit wechselt; letztere findet sich besonders an den gegen
Ueberströmung geschützt liegenden und deshalb nur bis zu geringer Höhe aufge—
landeten Theilen der ehemaligen Stromschleifen. Diese kommen recht zahlreich in
dem theilweise noch zum Kreise Minden, anderntheils zum Kreise Stolzenau ge—