Full text: Die Weser von Münden bis Geestemünde (Band 3)

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auch die politische Gestaltung. Am meisten berufen durch seine günstige Lage 
an der Scheide zwischen Hügel- und Flachland wäre wohl Minden gewesen. 
Aber die östliche Hälfte des Weserstromgebiets hatte ihr eigenes Wasserstraßen— 
netz, dessen Umschlagplätze (Hannover, wo die Leineschiffahrt, und Braunschweig, 
wo die Oker- und Allerschiffahrt endigte, beide ebenfalls Randstädte des Mittel— 
zebirges) größere Wichtigkeit erreichen konnten als die Bischofstadt und nach— 
malige preußische Festung Minden. Als Umschlagplatz für den westlichen Theil 
des mittleren Weserstromgebiets wetteiferte mit ihr das kleine Vlotho, wo 
ein ziemlich bedeutender Frachtverkehr mit dem Ravensberger Lande und West⸗ 
jalen bestand. Nächst der Mündener beherrschte die Vlothoer Schiffergilde früher 
die Oberweserschiffahrt fast ausschließlich. 
Den Trennungspunkt zwischen den Herrschaftsgebieten der Mündener und 
der Vlothoer Schiffergilde bildete Hameln, dessen Wehranlage zwar nicht un— 
überwindlich für die Schiffsgefäße war, aber den Durchgangsverkehr doch derart 
erschwerte, daß diese Stadt manche Vortheile daraus zog, wie sie anderswo das 
Stapelrecht gewährte, und einen wichtigen Umschlagshandel erlangt hatte, der 
aber nach dem Baue der Schiffschleuse im Anfange des 18. Jahrhunderts er— 
heblich zurückging. Die durch den Schleusenbau geschaffene Erleichterung der 
durchgehenden Schiffahrt kam nicht nur dem unter gleicher Landeshoheit stehenden 
Endpunkte der Weserschiffahrt in Hannoversch-Münden zugut, sondern auch den 
dazwischen gelegenen Umschlagplätzen, dem hannoverschen Städtchen Boden— 
werder, der braunschweigischen Stadt Holzminden, der korveyschen Stadt Hörxter 
und dem von Kurhessen neu gegründeten Karlshafen. Mit Bodenwerder, 
von wo die Leinethalstädte Alfeld, Einbeck und Northeim ihre Bremer Waaren 
bezogen, trat bald danach der braunschweigische Umschlagplatz beim Hause Thran 
am rechten Weserufer in Wettbewerb. Alle diese Plätze überflügelte weitaus 
Münden, wo sich dem Weserverkehre ein größeres Hinterland im Süden eröffnete. 
Auf seine Bedeutung kommen wir sogleich zurück. 
Außer den natürlichen Schiffahrthindernissen, deren die Weser an ihren 
zahlreichen Stromschnellen, Kies- und Grandbänken, Stein- und Febsriffen, 
Stromspaltungen und Untiefen mehr als genug besaß, erschwerten noch die schon 
in Urkunden des 8. und 9. Jahrhunderts erwähnten, für Fischereizwecke all— 
iährlich errichteten Fischwehre an vielen Orten den Schiffsverkehr. Hierzu kam 
im Mittelalter die Flußräuberei und das Strandrecht, späterhin die schlechte 
Beschaffenheit der Leinpfade, deren Benutzung zu erheblichen Geldopfern nöthigte, 
ind das Vorhandensein zahlreicher Zollstätten der Uferstaaten. Bei den politischen 
Amwälzungen im Anfange des 19. Jahrhunderts war die Zersplitterung der 
Landeshoheit acht Jahre hindurch einigermaßen aufgehoben, da die Obere Weser 
bis Vlotho hin zum Königreiche Westfalen, die Untere Weser zum französischen 
Kaiserreiche gehörte; die Mittlere Weser bildete im größten Theile ihres Laufes 
die Landesgrenze. Eine nachhaltige Wirkung hat diese Fremdherrschaft von 
glücklicherweise kurzer Dauer nicht ausgeübt; denn die bisherigen Bestimmungen 
über die Instandhaltung der Ufer und des Fahrwassers wurden nicht durch ein— 
heitliche ersettt. Mit der Niederwerfung des französischen Joches kehrten die 
alten politischen Zustände in der Hauptsache zurück; nur hatte sich zum Heile
	        
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