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wegen des starken Windes noch vergrößert wurde. Ein Bericht der Mindener
Regierung vom 21. Mai spricht von einem in dieser Jahreszeit ungewöhnlichen
Hochwasser, das am 20. plötzlich eingetreten sei und am 21. um 11 Uhr Vor—
mittags den Wasserstand 4,61 m a. P. Minden erreicht habe. Es kam doppelt
unerwartet, da seit 3 Tagen trockenes Wetter und Nordwind in Minden geherrscht
hatte, allerdings vorher 8 Tage lang anhaltender Regen. „Mehrere sind geneigt,
diese Naturerscheinung durch periodisch fließende und im Strombett sich öffnende
Quellen zu erklären“, fügt der Bericht hinzu. Offenbar hatte aber der nörd—
liche Wind in den höheren Lagen des Gebirgslandes starke Niederschläge gebracht,
wodurch am 19. Mai die Quellflüsse und die Diemel sehr bedeutend angeschwollen
waren. Das Hochwasser trat an diesem Tage in Münden wieder bis auf den
Marktplatz und soll gleichzeitig in Karlshafen rd. 1,6mm höher als die Hoch—
fluth von 1799 gestanden haben, was nicht glaubwürdig klingt und durch keine
Hochwassermarke bezeugt wird. An der ganzen Oberen Weser verlief die Hoch—
iluth mit ansehnlicher Höhe, z. B. bei Hameln etwa 4,9 m über dem gewöhn—
lichen Wasserstande (rd. 1m niedriger als 1799). Bei Vlotho zerstörte sie den
Ladeplatz und an mehreren Stellen den Leinpfad. Bei Nienburg erreichte sie
am 22. den Höchststand 5,00 m, bei Hoya am 28. sogar 5,95 m a. P. Wie der
damalige Baubeamte zu Hoya vermuthet, ist in dortiger Gegend die Höhe des
Hochwassers „durch die Belaubung der Hecken und die Aufdeichung der Deiche“
gesteigert worden.
In den zwanziger und ersten dreißiger Jahren sind außer einigen minder
bedeutenden Hochwassererscheinungen während der winterlichen Jahreshälfte, über
deren Eisgänge keine näheren Angaben vorliegen, drei größere Winterhochfluthen
(1824, 1827, 1830) und eine ansehnliche Sommerhochfluth (1829) eingetreten,
velch' letztere durch Verschlämmung der Wiesen nachtheiliger war als die höher
ingewachsenen Hochfluthen vom Januar 1820, November / Dezember 1821, März
1831, November 1831, Dezember 1833 und Januar 1834. Letzteren Er—
scheinungen entsprechen solche von größerer Bedeutung im benachbarten Main- und
Rheingebiete. Außer der oben genannten Sommerhochfluth ist eine zweite kleinere
im Mai 188 eingetreten, die jedoch unter der Ausuferungshöhe blieb. Ueber—
schritten wurde diese im September 1829 mit den Höchstständen 4,46 in a. P.
Lüchtringen am 3., 4,12 m a. P. Rinteln am 4., 3,75 m a. P. Minden am 4.,
3,82 m a. P. Petershagen am 4., 3,82 m a. P. Schlüsselburg am 4., 4,86 m
a. P. Nienburg und 5,10 m a. P. Hoya am 5. September. Diese sommer—
liche Hochfluth hatte demnach etwa gleiche Bedeutung wie diejenigen vom Mai
1837 und Mai 1898, war aber beträchtlich geringer als die unter einander
ziemlich gleichwerthigen vom Mai 1818 und Juni, Juli 1871. Außer der un—
gewöhnlichen Hochfluth von 1342, haben in der Weser, soweit bekannt, keine
größeren Sommerhochfluthen als 1818 und 1871 stattgefunden.
Für die drei wichtigsten Hochwassererscheinungen der Jahresreihe 1820,35
theilen wir nachstehend die an den damals vorhandenen Pegeln beobachteten
Höchststärnde mit. Diejenige vom Ende November 1824 war die kleinste und
aicht so bedeutend wie eine gleichzeitige Hochfluth im Rheinstromgebiete. Die—
jenige von Anfang März 1827 lief hinter dem Eisgange her, der bei Münden