Heiligenstadt.
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Mauertürme, von denen 1800 noch 13 vorhanden waren. Zur inneren Stadt-
mauer (d.h. zu ihrem Wehrgange) führten an der Innenseite mehrere Treppen
empor. Zwischen der inneren Mauer und den nächsten Gebäuden und Gärten
war rings um die Stadt so viel Raum, daß man mit einem Wagen ungehindert
an der Mauer entlang fahren konnte. Dieser Raum durfte nicht bebaut werden,
war aber schon 1714 und 1739 größtenteils den Bürgern und Stiftsherren zu
Gärten überlassen worden. Wolf berichtet 1800 in seiner Geschichte von
Heiligenstadt S. 126 weiter: „Nahe an der inneren Stadtmauer ist bei dem
„Spielplatze““ noch ein altes Mauerwerk zu sehen, welches etwa 2 Schuh dick,
17 Schuh hoch und 70 Schuh (d.h. Heiligenstädter Werkschuhe, deren 2 =
ı Elle waren) lang ist. Es bildet mit der Stadtmauer einen rechten Winkel und
ist an der Ostseite mit 3 Schießscharten versehen, von denen die mittelste von
einem ziemlichen Kaliber ist, während die beiden anderen nur für Böller be-
stimmt gewesen sind. An ihrem Ende besitzt diese Brustwehr Rudera von einem
Rondell. Da, wo dieses Gemäuer an die Stadtmauer stößt, ist gegen Abend ein
zugemauertes niedriges Türchen (Pförtchen) zu sehen. Die äußere Stadtmauer
besaß 1646 nur zwischen dem Holzbrücken- und Geisleder Tore 4 halbrunde
Mauertürme, welche 1800 sämtlich schon verschwunden waren. Der Wall war
bis 1525 mit grobem Geschütz versehen, das in jenem Jahre (wegen Teilnahme
am Bauernaufstande Münzers) genommen und auf die Burg Rusteberg geführt
wurde. Weil die folgenden Zeiten die kostspielige Unterhaltung der Stadt-
befestigungswerke nicht mehr erforderten, so hat man sie verfallen lassen und
len Stadtgraben hat man ausgefüllt und zu Gärten und Wiesen gemacht.“ Das
Holzbrücken- und das Geisleder Tor waren mit je zwei Tortürmen und das
Bergtor mit zwei Torhäusern überbaut. Es traten ein in die Stadt: 1. durch
das Holzbrückentor die Witzenhäuser, die Göttinger und die Duderstädter
Straße, 2. durch das Geisleder Tor die Nordhäuser und seit 1294 auch die
Mühlhäuser Straße, 3. durch das Bergtor die Eschweger und seit 1294 auch
die Allendorfer Straße. Die Stadttore, die Stadtmauer und deren Türme wurden
in alter Zeit immer, auch in Friedenszeiten, von den Bürgern der Reihe nach
bewacht. Von dieser Wachpflicht waren nur die Geistlichen befreit. Jeder
Brauherr (Besitzer eines brauberechtigten Hauses) mußte (1556) seinen Harnisch
besitzen und diesen beneben seinem Schosse (Büchse?) vorzeigen, daß er sein
eigen und nicht erbeten (erborgt) war. Ein jeglicher Bürger mußte (1554) be-
sitzen einen tüchtigen Harnisch, Rink, Krebs und eine Pickelhaube. Wer bei
Besichtigung durch den Rat unschickliche Waffen hatte, mußte zur Buße 1 Mark
/8 Taler) zahlen. Welcher Bürger beim Verlosen der Braulose oder bei sonstiger
Besichtigung sein Rohr (Feuerrohr = Büchse) nicht besaß, wurde (1617) vom
Brauen ausgeschlossen. Seine Waffen durfte der Bürger weder an einen Christen
noch an einen Juden als Pfand geben, noch von diesen bei Strafe 1 Pfund Silbers
als Pfand genommen werden. Jeder Ratmann mußte ein eigenes Pferd besitzen
und durfte bei Verkauf desselben nicht eher wieder auf seinem Ratsstuhle sitzen,
bis er sich wieder ein eigenes Pferd gekauft hatte. Zur Sicherung der Stad
hielt sogar der Rat eine Anzahl Pferde in seinem Marstalle. Auf dem einen
Turme der Liebfrauenkirche wohnte der Hausmann, der das Herannahen von
Feinden und die Feuersbrünste in der Stadt zu melden hatte. Die Bürgerschaft