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Kreis Heiligenstadt.
war in Rotten eingeteilt, an deren Spitze die Rottenmeister standen. Den Ober-
befehl über sämtliche Rotten führte der Stadthauptmann, der in alten Zeiten ein
erfahrener Rittersmann aus der Nachbarschaft, später aber ein erfahrener Kriegs-
mann war. Im Jahre 1404 verteidigten die Heiligenstädter ihre Stadt so tapfer
gegen ein zahlreiches Belagerungsheer der benachbarten Fürsten, Grafen und
Herren, daß es unverrichteter Sache abziehen mußte. Die Heiligenstädter
schrieben diesen glorreichen Erfolg dem Beistande der beiden Heiligen Aureus
und Justinus, ihrer Stadt Schutzpatrone und „Hauptherren‘“, zu. 1473 und 1477
zogen die Heiligenstädter Bürger mit dem erzbischöflichen Oberamtmanne zu
Rusteberg gegen den gewalttätigen Ritter Werner von Hanstein, der ohne An-
kündigung der Fehde vor die Stadt Heiligenstadt gerannt war (mit 250 Reisigen)
und den Heiligenstädtern ihr Vieh geraubt hatte. 1476 führten sie Fehde mit
den Rittern von Kerstlingerode. 1478 um Martini brach in einer Nacht der
Mainzer Oberamtmann des KEichsfeldes, Graf Heinrich von Schwarzburg, in
Heiligenstadt ein, plünderte die Stadt, wobei viele Bürger verwundet, getötet
und gefangen genommen wurden, und zwang die Bürgerschaft, ihm zu huldigen;
wegen dieses Übergriffes wurde er vom Erzbischofe Diether von Mainz seines
Amtes 1479 entsetzt. Auch ihrem Landesherrn von Mainz haben die Heiligen-
städter oft Beistand geleistet.
Die Bergkirche St. Martin.
Literatur: I. Haase, Erläuterungen zu den Aufnahmen der Architektur-
abteilung der technischen Hochschule in Hannover, 1878/79.) — 2. Kulisch,
Mitteilungen über die evangelische Gemeinde zu Heiligenstadt. 1904. — 3. Knieb,
Zur Geschichte des Martinstifts zu Heiligenstadt in der Zeitschrift „Unser Eichs-
feld. Jahrgang 1 und 2. 1906/07.
Die St. Martins- oder Stiftskirche, gemeinhin Bergkirche genannt, ist seit
dem Jahre 1804 der evangelischen Gemeinde überwiesen. Die bauliche Unter-
haltung der Kirche hat der preußische Staat übernommen.
Die Kirche liegt mit dem Schlosse und ‘den Stiftsgebäuden auf dem das
Stadtbild beherrschenden Schloßberge,
Gründung und Namensheiliger.
Das Stift und eine dazugehörige, dem heiligen Martinus geweihte Kirche
haben nach den Krgebnissen der Forschungen Wolfs?) schon zur Zeit des
Mainzer Erzbischofs Otgarius (825—847) bestanden. Die erste Erwähnung geschieht
in den Versen des Abtes Rhaban Maurus, der die Niederlegung von Reliquien
des heil. Sergius durch Otgarius auf dem „Martinusaltar“ berichtet. Dieser Altar
kann nach Wolf nur ein solcher in der ursprünglichen Martinskirche gewesen
') Ein großer Teil der unten wiedergegebenen Zeichnungen ist unter Benutzung der
genannten Aufnahmen hergestellt. Umgezeichnet mußten sie alle werden, da die Aufnahmen
sehr viele Fehler enthalten, auch die Darstellungsart zumeist ungeeignet war, Leider sind
trotz alles Vergleichens mit der Wirklichkeit noch zwei Fehler in den Abb. 76 und 86 stehen-
geblieben, die unten angeführt sind.
?) Geschichte der Stadt Heiligenstadt S. 3ff.