Full text: Berichte der Geschäftsstelle für Flugtechnik des Sonderausschusses der Jubiläumsstiftung der Deutschen Industrie für 1911-1912 ([2. Heft])

Dr.-Ing. F. Bendemann. 
Gewichte großer Schrauben gestatten, mit dem Schrauben- nicht gewachsen ist, von den Schwierigkeiten bei Abflug 
durchmesser hinaufzugehen, müssen uns aber sagen, daß ınd Landung in unruhiger Luft gar nicht zu reden. 
Klingenberg und Breguet, denen diese Gesichtspunkte Vom aerodynamischen Standpunkt handelt es sich 
aatürlich nicht unbekannt waren, schon ungefähr die edenfalls nur noch um einen winzigen Prozentsatz, um 
Größe getroffen haben werden, die man praktisch noch dien man die Tragkraft vielleicht noch verbessern könnte. 
säinigermaßen bewältigen kann. Eine Maximalrechnung Über die gezeigten Grenzen kommt man nicht hinweg. 
mit Ansatz einer (allerdings nicht eben sehr sicheren) Er- 
iahrungsformel für das Eigengewicht der Schrauben als 
Funktion von Durchmesser und Antriebsleistung führt 
ın der Tat darauf, daß ein Optimum in der Gegend von 
D=—8m zu suchen ist. Mit 8 m Durchmesser und 10 PS, 
wie bei Breguet, ist die theoretisch mögliche Kraftaus- 
nutzung aber schon auf 200/10 == 20 kg/PS und mit 93 PS, 
wie bei Klingenberg, schon auf 850/93 = 0,1 kg/PS ge- 
sunken. Mit theoretisch 20, oder praktisch vielleicht 
c6kg Tragkraft auf ı PS könnten wir freilich schon eine 
vecht solide Maschine bauen, wenn uns mit einer Trag- 
kraft von im ganzen 160 kg gedient wäre. Wir haben aber, 
ım eine praktische Nutzlast zu befördern, im ganzen we- 
nigstens mit dem 3- bis 4fachen dieses Gewichtes zu rechnen 
und müßten dazu entweder, wie Breguet es getan hat, 
die Anzahl der Schrauben entsprechend vermehren (er 
ıaatte zuletzt eine Maschine mit vier Schrauben von 8 m 
Durchmesser, die an den Enden eines kreuzförmigen Ge- 
stelles angebracht waren und doppeldeckige, als Kasten- 
zellen ausgebildete Schraubenflügel hatten) oder wir 
müßten mit dem Durchmesser noch weiter hinaufgehen, 
und zwar, wenn wir das gleiche günstige Verhältnis von 
Tragkraft und Antriebsleistung wahren wollen, entlang 
der in unserem Schaubild eingetragenen Verbindungslinie 
aller der Punkte, an denen P’/L den gleichen Wert von 
20 kg/PS hat. Es ist in dieser Darstellung ebenfalls eine 
Gerade, und wir können daran leicht folgende Zahlen 
abgreifen, die etwa den am ersten in Frage kommenden 
Möglichkeiten entsprechen: 
bei 1 5 8 10 12 14 16 18 20 m Durchm. 
ist P’=2,8 69 176 276 398 540 706 894 1105 kg 
die theoretische, praktisch noch im Verhältnis von besten- 
falles 80 bis 85% zu vermindernde Tragkraft, auf die man 
rechnen darf, wenn die wirkliche Kraftausnutzung 16 bis 
17 kg pro PS nicht unterschreiten soll. Man hätte also 
z. B. auf 16m Schraubendurchmesser zu gehen, um 80 
ader 85% von 706 kg, also 560 bis 600 kg Gesamtgewicht 
mit einiger Sicherheit zu heben; der Arbeitsaufwand 
lafür wäre 2° rd. 35 PS nutzbarer Leistung an der 
Schraubenwelle. 
Es ist gewiß nicht ausgeschlossen, daß noch einmal 
in derartiger Schraubenflieger mit Hilfe irgendwelcher, 
zich selbst durch die Fliehkraft spannender bzw. tragender 
Konstruktionen zum Fliegen gebracht wird. F. Degn in 
Bremen hat einen derartigen, sehr sorgfältig vorbereiteten 
Versuch gemacht. Aber wir möchten die Verantwortung 
für den Bau nicht tragen. Wenn auch genügende Trag- 
kraft für das Konstruktionsgewicht zur Verfügung zu stehen 
scheint, so wird man wahrscheinlich immer wieder die 
Erfahrung machen, an der Degns Versuch gescheitert und 
Jei der Breguet mit seiner letzten Vierschraubenmaschine 
stehen geblieben ist, daß ein solches Bauwerk zum prak- 
schen Gebrauche nicht taugt, weil es, wenn auch alle 
Beanspruchungen beim Fluge in ruhiger Luft richtig auf- 
genommen werden, doch den Zufälligkeiten der praktischen 
Handhabung schon am Boden, bei Aufbau und Transport, 
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