Full text: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Grafschaft Wernigerode

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Wernigerode. 
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lichen Bedeutung entkleideten Stammheiligtum S. Veits zu Wollingerode wall- 
fahrteten. Das geschah Anfang Mai, während am eigentlichen S. Veitstage, dem 
15. Juni, nicht nur die Wernigeröder, sondern zahlreiches Volk von nah und fern 
neben hohen geistlichen und weltlichen Herren zum heiligen Veit nach Drübeck 
zog. (Drübecker Urkdb. 16 vom Jahre 1141.) 
Merkwürdig ist, daß Wernigerode, das schon seit dem 14. Jahrhundert Sitz 
des Kalands vom Bann Utzleben war, in dessen Bereich es lag, noch im Jahre 
{400 nicht mit einer Sendabgabe an den Archidiakon veranlagt ist, während die 
Neustadt oder die Kirche zu S. Johann daselbst die geringe Abgabe von 2 Schill. 
zahlte. Ein halbes Jahrhundert später ist darin eine große Veränderung ein- 
getreten: bei der Verwandlung des sogenannten Sterbefalles, der Kxuvien, in eine 
Geldleistung im Jahre 1451 hat der Dechant zu 58. Silvester 8, der Pfarrer zu 
S, Johann in der Neustadt 6 Schilling an den Erzpriester des Bannes Utzleben 
zu zahlen. 
Als ums Jahr 1110 der aus einem erlauchten in öffentlicher Verwaltungs- 
und richterlicher Tätigkeit geübten Geschlecht stammende Graf Adalbert aus 
Haimar im Hildesheimschen an den Halberstädter Nordharz zog, wurde das durch 
die Mission von Korvey besiedelte und der geistlichen und weltlichen Kultur 
erschlossene einstige Waldgebiet von der Ecker bis nach Wernigerode der Stamm 
einer späteren Grafschaft. Mit entschiedenem Scharfsinn erkor der neue Herr 
Wernigerode zum Sitz seiner Verwaltung und erbaute sich auf dem den Ort 
überragenden Berge in ansehnlicher Höhe ein festes Haus. Damit nun aber der 
darunter gelegene notwendig zu erweiternde und als Feste auszugestaltende Ort 
zu Füßen des Berges seiner Bestimmung dienen könne, war verschiedenes 
erforderlich: Zunächst bedurfte es eines Wirtschaftshofes zur Aufnahme der 
Naturalgefälle, besonders des Getreides und eines angemessenen Viehstandes, dann 
eines Herrenhofes, einer Grafenpfalz, für die Verwaltung und Gericht. Sodann 
waren durch hinreichende Bewehrung geschützte Mühlen zum Mahlen des Brot- 
kornes nicht zu entbehren. Da nun aber für das Emporkommen und Gedeihen 
eines Ortes Handel und Verkehr eine Hauptbedingung bilden, so wurden von 
dem weitsichtigen Begründer einer neuen Herrschaft die günstigen Bedingungen 
der Ortslage sorgfältig benutzt, indem der Herrenhof und besonders der Wirt- 
schaftshof tunlichst nahe an den Fuß des Schloßberges herangerückt, dem zum 
Marktflecken sich entwickelnden Dorfe eine möglichst weite Ausdehnung nach 
Norden gegeben wurde, um die hier durchgehende westöstliche Hauptverkehrs- 
straße soweit als tunlich in den befestigten Ort hineinzuziehen. Die zweite eben- 
falls wichtige von Süden her den Harz durchsetzende und nach Norden über 
Braunschweig nach der Nord- und Ostseeküste führende Handelsstraße wurde 
dadurch für den als Verwaltungssitz erweiterten Ort möglichst zugänglich gemacht, 
daß der südliche Eingang zu dem Hauptorte der Herrschaft da angebracht wurde, 
wo jene südnördliche Straße in gleicher Richtung mit der durch den Ort bis zur 
Breitenstraße geführte Burgstraße einmündet. Unmittelbar am Fuße des Schloß- 
berges führte eine kürzere Straße „am Burgberge“ vom Schloß zu diesem Süd- 
eingang in den Ort am Burgtor. Dieser Verbindungsweg, der am Stadtgraben 
entlang führte, war an der Nordseite über dem Stadtgraben durch eine feste 
Rogensteinmauer befestigt, auf welche erst jüngst bei der Anlage von Abzugs- 
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