Full text: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Grafschaft Wernigerode

200 Kreis Grafschaft Wernigerode, 
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Über Thomas Hilleborch und sein Geschlecht hat Jacobs folgendes festgestellt: 
Das Stammhaus lag an der Breitenstraße zwischen Markt und Westerntore und der Groß- 
vater Matthis erscheint gewöhnlich unter seinem Berufsnamen „Der Koch‘, Mathies Cok 
(1470—1520). Der eine Sohn Heine war Drechsler (1494—1532 Heyne Dresler). Der 
andere Thomas wird zweimal — 1494 und 1496 — wegen Spielens gebüßt und sitzt 1503 
im Turm, einem Mauerturm nahe bei der Neustadt, der seitdem Hilleborchsturm hieß, 1879 
aber abgebrochen wurde. Dazwischen, am 12. Januar 1498, wurde ihm „dat husz“ (dat 
nige husz) vordinget. Und er muß es nach der Inschrift noch im gleichen Jahr vollendet 
haben. Die Bauherren Hinrich Kymme und Hans Heteler waren nur die Rechner des 
Rates. (Hinrik Kimmens Siegel Urkundenbuch Taf. VIII. Nr. 93). Von weiteren Bauten 
ist ihm das Schirstedtsche Haus (jetzige Wage) und das gotische Haus in seiner 
alten Gestalt wegen der Stilgleichheit zuzuschreiben. 1517 scheint er für den Stiftsdechanten 
Johann Kerkener die Dechanei erbaut zu haben. 1516 ist er am „neuen Hause“ auf dem 
Schlosse und auf dem Schloß Stapelnburg, 1517 am Stall des Vorwerks, 1518 auf dem 
Schlosse Wernigerode beschäftigt. Er starb 1540 (periit). Er scheint sein glänzendes Talent 
frühzeitig erschöpft zu haben, denn schon 1523 und besonders nach dem großen Brande 
von 1528 ist sein Sohn Simon überall tätig. Dieser baute damals das Neustädter 
Rathaus (s. u.), die Heidestoven (Badehaus des Heideviertels), während er auf dem 
Schlosse schon 1523 das Büchsenhaus, das Borngestell, 1525 die „genge inwendig der 
eussermaur, an thoren des stakets, auch thuern am keller und neu frauzvmmer‘, 1526 ein 
Taubenhaus (tüphus), am ergner uffem newen huse, 15238 auch auf dem Vorwerk Schmatz- 
feld gearbeitet hatte und 1532 beim „Münchhofe“ (8. u.) beschäftigt war. 1539—42 
leitete er dann den Umbau des Rathauses, Wir erfahren dabei, daß es vom Digken 
Hanse „bisz uff die fenster“ niedergebrochen (es ist offenbar nur die Ostseite gegen den 
Markt gemeint), daß der Keller mit Estrich ausgegossen und 1542 das „Seigerhuß“ und 
der Turm (Dachreiter) von Meister. Simon aufgerichtet wurde. Wenn derselbe 1543 noch 
eine Treppe zum Tanzhause anlegte, 50 ist wohl nicht mit Jacobs an eine Freitreppe auf 
der Ostseite zu denken, die man dann 1544 wieder abgebrochen hätte, sondern offenbar an 
die jetzt noch bestehende Treppe vom Waghaus aus, wodurch eben die ursprüngliche, 
hinderliche (Frei)treppe an der Ostseite ersetzt werden sollte. 
Der damalige Bau betraf also (wie wir annehmen) die Erneuerung des 
Spiel- und Tanzsaales und er war bis 1874 ein ungeteilter Raum, von welchem 
nur nördlich eine Bühne, südlich eine Musikantenlaube durch Säulenstellungen 
abgetrennt war. Der Aufgang hierzu wurde, wie bemerkt, erst 1543 in die tote 
Ecke zwischen Weinkeller und Waghaus verlegt, eine breite Holztreppe, die noch 
jetzt mit ihren ausgetretenen Stufen erhalten ist, oben auf einen dreieckigen 
Vorsaal mündend, der die Reste einer kunstvoll aus Bohlen geschnittenen Decke 
mit spitzbogig begrenzten Feldern bewahrt. Wie glänzend hat nun aber Meister 
Hilleborch die verhältnismäßig bescheidene Aufgabe durch die äußere Formen- 
gebung gelöst! Mit Absicht legte er den Nachdruck auf die weithin wirkende 
Giebelfassade. (Abb. 124.) Hier brachte er ein in Halberstadt besonders beliebtes 
Motiv, des Erkertürmchens, in doppelter Fassung und streng symmetrisch 
an. Wir finden es einfacher z. B. am Rathause in Michelstedt im Odenwald von 
1484, entwickelter in Alsfeld 1512. In der Mitte durch das breite wagrechte 
Band der Kreuzfüllungen mit dem Baukörper fest verknüpft, übersteigen sie den 
abgewalmten Dachgiebel bedeutend, wodurch der lebhafteste Umriß und die 
schönsten Überschneidungen entstehen. Ursprünglich müssen sie auf Konsolen 
in Höhe der Knaggenreihe gesessen haben, denn Baurat Deistel hat festgestellt, 
daß die Untergeschosse (vor dem Erdgeschoß) erst nachträglich (1543?) unter- 
gezogen sind, um die Erker auf Erdstützen zu stellen. 
In den Konstruktions- und Zierformen sind die des Waghauses mit geringen 
Abweichungen wiederholt. Zunächst ist über dem Kehlgesims das Mauerwerk
	        
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