Full text: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Grafschaft Wernigerode

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Kunststatistische Übersicht. Baukunst. 
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b) Die gotische Baukunst ist im Kreise nur dürftig entwickelt. Sie 
fand offenbar an dem unbildsamen Rogenstein ein unüberwindliches Hindernis. 
Wir sehen dies an der weitläufigen ganz rohen frühgotischen Oberpfarrkirche, 
an der abgebrochenen Nikolaikirche in Wernigerode, an der kreuzförmigen 
Theobaldikapelle in Nöschenrode (1404), wo eigentlich nur die spitzbogigen 
Öffnungen an den Wechsel des Stils erinnern, während an der Johanniskirche 
1497) und an der Vorhalle in Wasserleben wenigstens Maßwerke in den Fenstern 
vorkommen. Die Georgskapelle vor der Stadt ist zwar auch ohne Detailformen, 
erfreut aber durch eine reizvolle malerische Gruppierung. 
Das Barock fand in dem kleinen Ländchen keine Gelegenheit mehr, sich 
zu betätigen. Das helle, nüchterne Schiff der Kirche in Wasserleben ist wohl nur 
teilweise Neubau. Dagegen erstand 1762 noch eine für das Rokoko bezeichnende 
Anlage, die Marienkirche in Wernigerode, die als Raumschöpfung (nach 
dem Querachsensystem) alle Achtung verdient, so schwächlich die Formen im 
einzelnen sind. Sonst griff man bei Notbauten zum Fachwerk, in Wasserleben 
1601, in Schierke 1691, in Stapelburg 1685, in Hasserode 1773, wovon nur noch 
das Beispiel in Wasserleben, auch ‚mit der alten Ausstattung, erhalten ist. 
Das 19. Jahrh. ist zunächst mit einem wunderlichen Beispiel akademischer 
Stilkunst vertreten, der „byzantinischen“ Kirche in Hasserode von 1847 (S. 60) 
nach eigenem Plan Friedrich Wilhelms IV., wo alles auf äußere Wirkung ent- 
worfen ist und das Innere als Kirchenraum geradezu grotesk wirkt. Es folgen 
dann die neugotischen Ergänzungen Frühlings an der Oberpfarr-, Hases an der 
Marienkirche, die Schloßkapelle von Karl Frühling, die Neubauten in Schierke 
1876, Stapelburg 1892, Veckenstedt 1908, Hasserode (neuromanisch) 1908—79. 
c) Der Profanbau. Burgen und Schlösser des Mittelalters sind bis auf 
geringe Spuren wie die Ruine in Stapelburg vergangen, das Schloß Wernigerode 
so gründlich erneuert, daß wir nur aus alten Abbildungen eine ungefähre Vor- 
stellung seiner ehemaligen, recht bescheidenen Gestalt gewinnen können. Den 
größten Verlust hat die Stadt durch die sinnlose Niederlegung ihrer Torburgen 
und Mauern erlitten. Der vereinzelte Turm des Westerntores und drei Schalen- 
türme im südlichen Mauerzug sind die letzten Reste der Stadtbefestigung. Von 
den Dorfbefestigungen, die nachrichtlich in Drübeck (S. 36) bedeutend waren, hat 
sich gar nichts erhalten; dagegen haben wir noch ein Beispiel der früher so 
häufigen Warten, die wesentlich dem Schutz des Weideviehes dienten, in der 
städtischen Warte bei Minsleben (S. 105). 
Reicher ist die Ausbeute für das Bürger- und Bauernhaus, das hier 
wesentlich durch die künstlerische Gestaltung des Fachwerks glänzt. Denn der 
Steinbau ist in Stadt und Land für Wohnzwecke eine Ausnahme. Auf der 
Ansicht des großen Stadtbrandes von 1751 wird recht deutlich, wie wenig von 
der Stadt nach einem solchen Brandunglück übrig blieb, eigentlich nur die 
Kamine der Brauhäuser. Zu den Ausnahmen gehörte das Viertel der (adeligen) 
Freihäuser (S. 205) mit massivem Erdgeschoß, wovon das Gadenstedtsche Haus 
(S. 212) noch eine Anschauung gibt, und zwei Steinwerke (Markt 3 und 
Breitestraße 6), die rückwärtig im Hof liegend an die bergfriedartigen Steinwerke 
Braunschweigs erinnern. Das in seiner spätgotischen Fassung noch wohlerhaltene 
zweite Beispiel (S. 217} verdient als seltener Typus alle Schonung.
	        
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