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Wenn Ew. Königliche Majestät, wie ich mit Gewißheit voraussetzen kann, überzeugt
ind, daß es bei einem so wichtigen Gesetze nicht auf ein etwas früheres oder späteres Er—
scheinen, sondern auf die möglichste praktische Anwendbarkeit desselben ankomme, damit sich
nicht erst hinterher das Unpassende schon gegebener Gesetzesbestimmungen, oder Schwierig—
keiten in der Ausführung, die man sich vorher nicht klar gemacht, ergeben, so darf ich mir
chmeicheln, daß Allerhöchstdieselben das eingeschlagene Verfahren nicht zu mißbilligen ge—
ruhen werden, da ich zwar nicht in Abrede stelle, daß es einigen größeren Zeitaufwand ver—
ursacht, allein auch mit voller Ueberzeugung verbürgen kann, daß sich dieser Zeitaufwand
durch die höhere Reife des Werks reichlich vergüten werde. Es ist aber vorauszusehn, daß
der Entwurf zur Schulordnung, auch nachdem ich ihn weiter befördert habe, im Staats—
ministerio und im Staatsrathe, und wo er sonst noch vielleicht zufolge Allerhöchster An—
»rdnungen würde geprüft werden müssen, Berathschlagungen veranlassen wird, die ihn noch
eine geraume Zeit aufhalten werden, bevor er Ew. Königlichen Majestät zu Allergnädigster
Vollziehung vorgelegt werden kann. Vornehmlich wird der Punkt der Schulunterhaltung,
hrer Kosten und der Aufbringung derselben, und die Fragen, wie weit durch die desfalsigen
Bestimmungen die Staatsfonds oder die Unterthanen dafür belastet werden können, und ob
es in dieser Hinsicht rathsam sei, das Gesetz in einem Zeitpunkte erscheinen zu lassen, wo
es bedenklich sein möchte, jene wie diese noch mehr zu beschweren, Ueberlegungen herbei—
ühren, welche einen unvermeidlichen Aufschub hervorbringen werden.
Die Einrichtung und Verbesserung des Schulwesens steht inzwischen nicht still, viel—
mehr lasse ich es mir angelegen sein, dieselbe in einem regsamen aber besonnenen Fort—
chreiten zu erhalten, und was dafür in den verschiedenen Provinzen geschieht, werden Ew.
Königliche Majestät aus den Zeitungsberichten mehrerer Regierungen zu ersehen geruhen.
Auf die innere Einrichtung der Schulen, auf die zweckmäßige Vorbereitung und Prü—
fung der Lehrer, an welchen es noch so sehr mangelt, und ohne deren vorhergehende Bil—
zung die neue Ordnung nicht würde zur Ausgleichung gebracht werden, auf die äußere
Ausstattung der Schulen und ihrer Lehrer, auf die über die Schulen zu führende Aufsicht
und auf alle anderen Zweige der Schulverwaltung wird durch Verfügungen so gewirkt, daß
die Schulordnung gewissermaßen vorbereitend ins Leben gesetzt wird, und daß, wenn sie
füünftig als Gesetz erscheint, sie einen schon vorbereiteten Boden und in der Ausführung
minder Schwierigkeiten finden wird.
Es hat diese Art der Beförderung des Schulwesens allerdings viel beschwerliches,
sowohl für das mir Allergnädigst anvertraute Departement, als auch für sämmtliche Unter—
behörden, da ohne gesetzliche Bestimmung in vielen Fällen nicht rasch durchgegriffen werden
kann, und vielfach der gute Wille der Gemeinden erst herbeizuführen gesucht werden muß.
Es wird dadurch das Durchführen des Ganzen vielfach erschwert und verzöoͤgert; allein ich
halte es bei den jetzigen Zeitverhältnissen und bei der Unmöglichkeit, große Opfer auf Ew.
Königliche Majestät Kassen zu übernehmen oder den Provinzen große Beiträge im Allge—
meinen anzusinnen, für ein geringeres Uebel, als wenn den Unterbehörden bei einer zur
Seite stehenden gesetzlichen Bestimmung zu viele Gewalt gegeben würde, in einem an sich
löblichen Eifer zu weit zu gehen, um die neue Einrichtung mit Härte rasch durchzuführen.
Es dürfte dadurch leicht ein Widerwille gegen den Gegenstand herbeigeführt werden, welcher
später, wenn die Zeitverhältnisse sich bessern, schon vieles freiwillig vorbereitend geschehen
ist und einzelne Erfahrungen mehr für die Ausführbarkeit des Ganzen sprechen, nicht zu
besorgen sein wird. Fälle, welche eine gesetzliche Bestimmung unumgänglich erfordern, lassen
sich vorläufig im Einzelnen behandeln, und ich werde nicht verfehlen, wo sie eintreten, Ew.
Königlichen Majestät Allerhöchste Festsetzungen darüber mir zu erbitten. Ein Fall dieser
Art ist derjenige, welche die Regierung zu Trier in ihren wiederholten dringenden Gesuchen
um die Schulordnung veranlaßt. Er entspringt aus einem Mangel in der französischen in
Ew. Majestät Rheinprovinzen geltenden Geseßzgebung, welcher in den Provinzen, wo das
Landrecht eingeführt ist, nicht stattfindet. Ueber denselben habe ich mich bereits früher mit