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Schulordnung für die Elementarschulen der Provinz Preußen.
Vom 11. December 1845.
J. Von dem Be⸗
uche der Schulen
iberhanpt.
Allgemeine Schul⸗
XE
Dauer des Schul⸗
unterrichts.
Dispensation vom
Schulbesuch.
Schulversäumnisse.
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen ꝛc.
haben die in der Provinz Preußen bestehenden Vorschriften über das Elementar-Schulwesen
einer Revision unterwerfen lassen und verordnen nach Anhörung Unserer getreuen Stände
dieser Provinz und auf den Antrag Unseres Staatsministeriums uͤber das Elementar-Schul—
vesen in der genannnten Provinz, was folgt:
§. 1J.
Jedes Kind, welchem seine Aeltern oder Pfleger nicht den nöthigen Unterricht im
Hause verschaffen, kann schon nach“ vollendetem fünften, soll aber nach vollendetem sechsten
Lebensjahre zur Schule geschickt werden.
S. 2.
Der Schulunterricht dauert bis zum vollendeten vierzehnten Lebensjahre. In beson—
dern Fällen kann der die Schule beaufsichtigende Pfarrer (F. 33) nach vorgängiger Rück—
sprache mit dem Schullehrer die Entlassung des Kindes aus der Schule noch um ein bis
zwei Jahre hinaussetzen.
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§. 3.
Die Erlaubniß, von der Schule wegen besonderer Hindernisse zurückzubleiben, ertheilt
bis zu 8 Tagen der Pfarrer, und wenn die Schule sich nicht am Wohnort des Pfarrers
befindet, der Schullehrer.
Ueber Gesuche um Befreiung vom Schulbesuche auf längere Zeit entscheidet der
Schulvorstand.
Ueber die Ausübung dieser Befugnisse werden die Regierungen nähere Anweisung
ertheilen.
§. 4.
Die nicht gerechtfertigten Schulversäumnisse werden an den Aeltern und Pflegern der
chulpflichtigen Kinder, nach fruchtloser Ermahnung von Seiten des Schulvorstandes, durch
eine für Zwecke der Schule zu verwendende Geldstrafe von 4 Pfennigen für jeden ver—
säumten Tag geahndet. Erweist sich diese Strafe nach wiederholter Anwendung als unwirk—
sam, so kann dieselbe bis auf 5 Silbergroschen für den Tag verschärft werden.
Die Schulvorstände beantragen auf die von dem Schullehrer geführten Versäumniß—
listen, nach Anhörung der Entschuldigungsgründe oder nach vergeblicher Vorladung der
Aeltern oder Pfleger der Kinder, die Versäumnißstrafen bei der Ortspolizei-Behörde, welche
dieselben festsetzt und beitreibt. Die für den Fall des Unvermögens der Zahlungspflichtigen
zu verhängende Gefängnißstrafe hat auf dem Lande der Landrafh und in den Städten der
Magistrat festzusetzen.
8§. 5.
Hinsichtlich der Schulzeugnisse, der Zahl der Unterrichtsstunden, der Gründe, aus denen
Dispensation vom Schulbesuch, oder eine Beschränkung und Verlegung der Unterrichtszeit,
namentlich für Kinder ärmerer Aeltern, zulässig ist, sowie hinsichtlich der Ferien und der
Sonntagsschulen bleiben die erforderlichen Anordnungen, mit Rücksicht auf Zeit- und Orts—
verhältnisse, besonderen Instruktionen oder Reglements vorbehalten.