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Die „Verhandlungen“ wurden unter dem 30. Mai 1849 den Provinzial-Schulkolle—
gien zur Ueberweisung an sämmtliche höhere Schulen mitgetheilt. Die Lehrerkollegien der
letzteren sollten etwaige gutachtliche Bemerkungen schleunigst einreichen.
Eine beabsichtigte Reform der Universitäten wurde eingeleitet durch das nachfol—
zende an die außerordentlichen Regierungs-Bevollmächtigten gerichtete Reskript des Staats—
ministers Grafen von Schwerin vom 15. April 1848.
Die auf Grund des Bundestagsbeschlusses vom 20. September 1819 erlassene Instruk—
tion für die außerordentlichen Regierungs-Bevollmächtigten an den Universitäten, vom
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Disciplin und Polizeigewalt von demselben Datum und die am 5. Dezember 1835 publi—
zirten Beschlüsse des Bundestages wegen der deutschen Universitäten vom 14. November 1834
sind unter dem Einfluß von Verhältnissen und Regierungs-Grundsätzen entstanden, welche
gegenwärtig in Preußen eine so durchgreifende Umgestaltung erfahren haben, daß es Pflicht
der Regierung ist, auf eine den jetzt zu befolgenden Regierungs- und Verwaltungsprinzipien
entsprechende Abänderung und beziehungsweise Beseitigung solcher Bestimmungen Bedacht
zu nehmen. Namentlich ist das Institut der außerordentlichen Regierungs-Bevollmächtigten
mit den demselben beigelegten polizeilichen Attributionen und der Verpflichtung zur fort—
dauernden speziellen Ueberwachung der Universitäten aus der Besorgniß hervorgegangen, daß
die Dozenten auf die politische Gesinnung der Studirenden nachtheilig einwirken, staats—
Jefährliche Umtriebe befördern und im besten Fall dem Verbindungswesen unter den Stu—
direnden nicht mit Entschiedenheit entgegentreten würden. Die Erfahrung der letzten 30 Jahre
hat diese Besorgniß nicht bestätigt, und, wenn auch hin und wieder einzelne unter den Uni—
versitätslehrern ihrer Aufgabe als öffentliche Jugendlehrer nicht immer sich bewußt gewesen
jsein mögen, so hat doch die vortreffliche Haltung der akademischen Behörden und des Lehr—
personals an den Universitäten im Ganzen bewiesen, daß sie das gegen sie ausgesprochene
Mißtrauen nicht verdienen und mit Recht das Vertrauen in Anspruch nehmen, daß sie,
eingedenk ihrer Pflicht, die ihnen anvertraute Jugend zu tüchtigen Staatsbürgern heran—
zubilden bemüht sind und in Förderung der Wissenschaft dem Gesammtwohl des Staats
erfolgreich dienen. Was insbesondere das Verbindungswesen unter den Studirenden anbe—
trifft, so find die Besorgnisse vor demselben größtentheils unbegründet gewesen und gegen—
wärtig hat es vollends seine Bedeutung verloren, da die hierüber bestandene Spezialgesetz—
zebung durch 84 der Verordnung über einige Grundlagen der künftigen Preußischen Ver—
fassung vom 6. d. M. aufgehoben ist und das gesetzlich sanktionirte freie Assoziationsrecht
die geheimen Verbindungen unter den Studirenden nicht mehr aufkommen lassen wird.
Dazu kommt, daß wenn die Universitäten nicht hinter der fortschreitenden Entwicklung un—
serer politischen Institutionen zurückbleiben und eine würdige Stellung im Staatsorganismus
einnehmen sollen, es unerläßlich erscheint, das korporative Element in denselben zu kräftigen
und ihnen bei Verwaltung ihrer Angelegenheiten mehr Freiheit und Selbständigkeit zu ge—
währen, als mit der Eingangs erwähnten Gesetzgebung vereinbar ist.
Von diesen Gesichtspunkten aus beabsichtige ich, eine Abänderung der erwähnten Ver—
ordnungen von 1819 und 1834 herbeizuführen. Ehe ich jedoch damit vorgehe, wünsche ich
die Gutachten und Vorschläge der Universitäten zu vernehmen.
Bei der diesfälligen Berathung wird zunächst in Erwägung zu nehmen sein, ob es
ohne Beeinträchtigung und Gefährdung der materiellen Interessen der Universität, nament—
lich ohne Nachtheil fuͤr die Verwaltung der Fonds ausführbar sein wird, das Institut der