»on Westpreußen, das Großherzogthum Posen, der protestantische Theil von Schlesien, das
Magdeburgische und Halberstädt'sche, ein großer Theil von Thüringen, der größte Theil von
Westphalen und beide Rheinische Provinzen sind also noch ohne alle genügende gesetzliche Be—
timmungen über die Verfassung eines so hochwichtigen Theiles des öffentlichen Lebens. Aber
nuch die vorhandenen speciellen Schulordnungen befriedigen keinesweges. Theils sind sie ihrem
Inhalte, theils ihrem Umfange nach mangelhaft und unzulänglich, theils sind sie auch nicht
realisirt worden, was nicht ohne Grund irgend einen Fehler in den Bestimmungen andeuten
sann, theils nach dem jetzigen Standpunkte der Unterrichts- und Erziehungskunst und der
Einrichtungen für das Schulwesen nicht mehr anwendbar. Auch durch größere Staats-Ein—
richtungen, mit denen das Schulwesen inniger, als man es häufig erkannt, in Verbindung
steht, ist zum Theil die Nothwendigkeit wichtiger Abänderungen in demselben herbeigeführt
vorden. So würden durch die neue Regulirung der bäuerlichen Verhältnisse und durch die
beränderten Kommunal-Einrichtungen, welche auf die Leistungen zum Unterhalt der Schulen
und auf die Organisation der Lokal-Aufsicht über dieselben den wesentlichsten Einfluß haben,
Aenderungen in dem bisher gesetzlich oder durch Herkommen darin Eingeführten unumgäng—
liich nöthig.
Das Bedürfniß neuer Festsetzungen, wo noch keine sind, oder besserer und angemessenerer,
wo es dergleichen schon giebt, wird daher auch allgemein gefühlt. Wenn nun aber alles da—
nach drängt, und diejenigen Provinzial-Behörden, denen Sinn und Eifer für diese Ange—
legenheit beiwohnt, sich beeilen, durch Entwürfe zu Provinzial-Schulordnungen dem Mangel
abzuhelfen, so ist es doch nicht möglich, auf eine andere Weise mit Ordnung und Plan dies
zu erreichen, als wenn zuerst die allgemeinen, allem Besonderen zum Grunde zu legenden
und in die Uebereinstimmung, wodurch es zum Unterrichts- und Erziehungswesen Eines und
desselben Staates werden kann, setzenden Principien festgestellt, und danach die Schulordnungen
jür die einzelnen Provinzen, worin jene nach den Eigenthümlichkeiten der letztern sich modi—
ficiren, angefertigt werden. Dies allein vermag auch einer unnützen Weitläufigkeit von Schrei—
bereien vorzubeugen, da außerdem die oberste Unterrichts-Behörde sich mit jeder Provinzial—⸗
Behörde besonders über alle einzelne Gegenstände durch eine langwierige, mühsame und nie
ganz zum Ziel führende Correspondenz verständigen müßte, wie es bisher zum Ueberdruß
geschehen ist. Die Anwendung des einmal gesetzlich Ausgesprochenen ist dagegen leicht und
ergiebt sich mit einiger Umsicht und Urtheilskraft von selbst.
Der neuen Organisation der Provinzial-Behörden und ihrer Stellung zu den Mini—
sterien wäre zugleich diese Maßregel seht angemessen. Denn da jene einen größeren Kreis
freierer Selbstständigkeit einnehmen sollen, so würde in diesem Verwaltungszweige eine Aus—
nahme stattfinden, sie würden abhängiger sein, als die Absicht ist, wenn sie in Ansehung der
Principien immerfort an das vorgesetzte Ministerium recurriren müßten; dieses aber würde
seiner Bestimmung, die Verwaltung zu leiten, nicht entsprechen können und nach wie vor in
Detail-Arbeiten vergraben sein. Und da ferner jetzt die Verwaltung des Unterrichts-Wesens
in den Provinzen unter zwei Behörden vertheilt ist — wozu man sich nicht entbrechen kann,
immer ein leider! zu sagen, obwohl es vorläufig nicht zu ändern steht — so werden der
Nachtheil und die Collisionen, welche daraus erwachsen dürften, auf keine bessere Art gemil—
dert werden, als durch die Aufstellung allgemeiner, sowohl die Consistorien als die Regie—
rungen regelnder Vorschriften, wobei die stete Intercession des Ministerii wegfällt.
Das größte Bedenken würde man tragen müssen, eine allgemeine Schulordnung für
den Preußischen Staat zu erlassen, könnte die Meinung dabei sein, mit ihr ins Einzelnste
des Gegenstandes zu dringen, durch die genauesten materiellen Bestimmungen alle mögliche
Fälle zu erschöpfen, oder das ganze Unterrichts- und Erziehungswesen durch Vorschriften und
Formen so zu binden, daß es in überall gleicher Einförmigkeit in den Gang einer Maschine
dadurch gebracht würde. Die Beschaffenheit des aus so mannigfaltigen Theilen bestehenden
Preußischen Staats, deren Bewohner an Stamm, Sprache, Religion, Sitte, Lebensart, Ge—
verben, Verbindungen mit anderen Ländern und natürlichen Verhältnissen ihrer Wohnsitze,