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Studirenden betreffenden Angelegenheiten zugezogen wissen. Münster will den Studenten gestatten,
ihre Angelegenheiten durch eine Deputation aus ihrer Mitte im Senat zur Sprache bringen zu
lassen, dieser Deputation aber nur ein Votum consultativum zugestehen.
Die Mehrzahl der Universitäten, Breslau, Halle, Greifswald und Königsberg
—. die beiden andern schweigen darüber — wünschen die Testate und Zwangskollegien be—
jeitigt, Königsberg auch die Stipendienprüfungen, sowie das Triennium, resp. Quadriennium
academicum. Dagegen soll an dem Testimonium maturitatis festgehalten werden; wo dies wegen
des künftigen Berufs nicht erforderlich sei, müsse ein Sittenzeugniß und der Nachweis einer für
Universitätsstudien ausreichenden allgemeinen Bildung verlangt werden.
Münster will dagegen nicht nur die Testate beibehalten, sondern auch ihre Zuver—
lässigkeit durch das Ehrenwort der Studirenden in Betreff des Besuchs der Vorlesung gesichert
wissen. Desgleichen ist Münster für Beibehaltung des Triennii resp. Quadriennii, und will auch
die freie Wahl der Universität Seitens der Studirenden auf Deutsche Universitäten beschränkt wissen.
Schließlich ist noch zu erwähnen, daß mehrere Universitäten die vorgeschlagenen Reformen,
namentlich diejenigen in Betreff der akademischen Jurisdiktion und der veränderten Stellung der
Extraordinarien, nur dann für ausführbar erachten, wenn sie auf allen Deutschen Univer—
sitäten Eingang finden.
Auf Grund der eingegangenen Gutachten und unter Benutzung des sonst veröffent—
lichten reichen Materials waren in dem Ministerium 136 Fragen formulirt worden, welche
der am 24. September 1849 unter dem Vorsitz des Geheimen Ober-Regierungs-Rathes
Dr. Joh. Schulze zusammentretenden berathenden Versammlung von Universitätslehrern als
Anhalt dienen sollten. Die Konferenz schloß ihre Berathungen am 12. Oktober. Die sämmt—
ichen Verhandlungen sind demnächst unter dem Titel
„Verhandlungen der Konferenz zur Berathung von Reformen in der Verfassung
und Verwaltung der Preußischen Universitäten. Berlin, Geheime Ober-Hof—
buchdruckerei von Decker“
oeröffentlicht worden, und kann hier überall auf dieselben verwiesen werden.
Auf Grund des nunmehr für alle Theile des in Art. 26 der Verfassungs-Urkunde
vorgesehenen Unterrichtsgesetzes vorhandenen Materials, wie dasselbe in den Gutachten der
betreffenden Behörden und in den Verhandlungen größtentheils frei gewählter Versamm—
lungen von Fachmännern niedergelegt war, ließ der Staatsminister von Ladenberg den hier
rolgenden Entwurf eines Unterrichtsgesetzes zusammenstellen.
Wir rc. verordnen zur Ausführung der Artikel 20—25 der Verfassungs⸗-Urkunde vom
31. Januar 1850 auf Grund des Artikel 26 derselben, das Unterrichtswesen betreffend, mit
Zustimmung beider Kammern was folgt:
J. Oeffentliche Volksschulen.
8. 1. Für jede Gemeinde sind zur Aufnahme sämmtlicher schulpflichtigen Kinder, deren
Unterrichtsbedürfniß nicht auf andere Weise befriedigt wird, öffentliche Volksschulen einzurichten.
8. 2. In der Volksschule sollen durch Unterricht, Uebung, Zucht und Ordnung die
Grundlagen der für das Leben im Staat und in der Kirche, sowie der für das Berufsleben
erforderlichen Bildung geschaffen werden.
—8. 3. Demnach soll in ihr mindestens betrieben werden: Unterweisung in der Religion,
sowie Einführung in das Verständniß und die Uebung des kirchlichen Lebens derjenigen Kon—