Full text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen

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8. 36. Wo das jetzige Einkommen der Lehrer die im 8. 30 festgesetzte Höhe bereits 
übersteigt, darf dasselbe ohne Genehmigung des Unterrichts-Ministers nicht verringert werden. 
8. 37. Nach dem Tode eines Lehrers erhalten dessen Wittwe, Kinder oder Enkel außer 
den Einkünften des Sterbemonats noch einen einmonatlichen Betrag des Lehrer-Einkommens, 
wogegen sie nöthigenfalls dem Stellvertreter oder neuen Lehrer ein Unterkommen in der 
Amtswohnung zu gewähren haben, die übrigen Kosten für den neuen Lehrer oder Stellver—⸗ 
treter während des Sterbe- und Gnadenmonats hat die Gemeinde zu tragen. 
8. 38. Wo die besonderen Stiftungen und Leistungen zur Einrichtung und Unterhaltung 
der Volksschulen, soweit deren nächste Aufgabe nach 8. 3 geht, nicht ausreichen, und wo die 
Gemeinden nicht im Stande sind, aus eigenen Mitteln die erforderlichen Kosten aufzubringen, 
tritt der Staat helfend zu. 
8. 39. Dieser Zutritt des Staats erfolgt bei einmaligen größeren Ausgaben nur dann, 
wenn die betreffende Gemeinde nachgewiesenermaaßen auch durch Anleihen das Bedürfniß zu 
befriedigen außer Stande ist. 
Unterstützungen des Staats zu laufenden Ausgaben für Zwecke der Volksschulen werden 
auf die Zeit von 10 zu 10 Jahren bewilligt, und zurückgezogen, wenn die Gemeinde inzwischen 
in den Stand kommt, ihre Bedürfnisse selbst zu bestreiten. 
8. 40. Zur Bewilligung von persönlichen Gehaltszulagen und zur Unterstützung für 
besonders bedürftige und würdige Lehrer an Volksschulen wird jährlich aus allgemeinen Staats— 
fonds dem Minister des Unterrichts eine angemessene Summe zur Verfügung gestellt. 
8. 41. Berechtigt zum Eintritt in die Volksschule sind Kinder vom vollendeten 5. Lebens⸗ 
sjahr an. Die Schulpflichtigkeit beginnt mit dem vollendeten 6. Lebensjahre; für Kinder, welche 
über Meile vom Schulorte entfernt wohnen, jedoch erst mit dem vollendeten 7. Lebensiahre. 
Der Eintritt in die Volksschule findet nur zu Ostern statt. 
Kinder, welche wegen Kränklichkeit die Schule nicht besuchen können, oder welche dem 
Privatunterricht übergeben werden, sind mit Eintritt der Schulpflichtigkeit Seitens der Eltern, 
Pfleger oder Vormünder dem Schulvorstand namhaft zu machen. 
8. 42. Die Schulpflichtigkeit dauert bis zum vollendeten 14. Lebensjahre. Der Austritt 
aus der Volksschule findet jedoch nur zu Ostern und Michaelis nach einer von dem Schul⸗ 
bdorstand abgehaltenen öffentlichen Prüfung statt. 
Jedem aus der Volksschule zu entlassenden Kinde wird nach stattgefundener Prüfung 
durch den Schulvorstand kostenfrei ein Zeugniß ausgestellt, daß und inwieweit dasselbe das 
Ziel der Volksschule (8. 3.) erreicht hat. 
Vor dem 14. Lebensjahre kann ein solches Entlassungs-Zeugniß auf den Antrag des 
Schulvorstandes nur mit Genehmigung des Schul-Inspectors ertheilt werden. 
Der Schulvorstand kann die Verpflichtung zum Schulbesuch eines Kindes in einzelnen 
Fällen bis zum vollendeten 15. Lebensjahre ausdehnen. Ueber die Beschwerde der Eltern oder 
Vormünder gegen einen solchen Beschluß ist von der Regierung zu entscheiden. 
8. 43. Erst nach vollendetem 10. Lebensjahre, und erst wenn nach dem Zeugniß des 
Lehrers und Pfarrers ein Kind in den nöthigen Anfangsgründen des Lesens, Schreibens, 
Rechnens und in der Religionslehre gehörig unterrichtet ist, darf dasselbe gegen Lohn von 
einem Dritten in Dienst und dauernde Arbeit genommen werden. 
8. 44. Es können für solche, namentlich in Fabriken in größerer Anzahl zusammen— 
arbeitende Kinder eigne Schuleinrichtungen in der Art getroffen werden, daß diese Kinder 
einen abgesonderten, täglich mit Ausschluß der Sonn- und Festtage mindestens dreistündigen 
Unterricht erhalten. Derartige Schuleinrichtungen sind, was die Aufsicht anbelangt, in allen 
Fällen den öffentlichen Volksschulen gleich zu behandeln (8. 60 ff.). 
8. 45. Bestehen solche abgesonderte Schuleinrichtungen nicht, und läßt sich der Unter— 
richt in der öffentlichen Volksschule nicht so ordnen, daß die in Dienst und Arbeit stehenden 
Kinder an einem täglich mindestens dreistündigen Unterricht in den nothwendigsten Lehrgegen— 
ständen ohne Beeinträchtigung des Schulzweckes im Ganzen Antheil nehmen können, so bleiben
	        
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