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Demnächst erging unter dem 3. November 1817 die nachfolgende Allerhöchste Ordre,
durch welche zur Entwerfung einer allgemeinen Schulordnung eine Immediat-Kommission
ingesetzt wurde:
Je inniger Ich überzeugt bin, daß zum Gelingen alles Dessen, was der Staat durch
seine ganze Verfassung, Gesetzgebung und Verwaltung bezweckt, der erste Grund in der
Jugend des Volks gelegt werden müsse, und daß zugleich eine gute Erziehung derselben das
sicherste Ferderungsmittel des iunern und äußern Wohls der einzelnen Staatsbürger sei, desto
angelegentlicher ist Meine Aufmerksamkeit und Fürsorge von jeher auf diesen wichtigen Be—
standtheil des öffentlichen Lebeus gerichtet gewesen. Einen neuͤen Autrieb giebt ihr die durch
die Gnade des Höchsten geschehene Herstellung und neue Gestaltung Meiner Staaten, die
Mir die von allen Seiten sich regenden Bedürfnisse des Erziehungs⸗ und Unterrichtswesens
in denselben dringend ans Herz legt.
Es würde eine, zumal bei der vergrößerten Anzahl und der neuen Einrichtung der
Provinzial-Behörden, sehr schwierige und weitläufige, in sich selbst wahrscheinlich nicht recht
übereinstimmende, und noch weniger vielleicht mit dem Geiste und Streben in den übrigen
Verwaltungszweigen zusammenwirkende Arbeit sein, wenn man fortfahren wollte, diesen Be—
dürfnissen nur im Einzelnen, so wie sie sich ankündigten, zu begegnen, ohne die Verhältnisse
des Erziehungs- und Unterrichtswesens im Preußischen Staate im Ganzen ins Auge zu
assen, und das, was im Einzelnen dafür geschehen kann und muß, durch allgemeine Be—
timmungen zu begründen.
Ich finde aber, daß es ihm an einer Verfassung noch mangelt, wonach dies möglich
wäre, an einer Verfassung, wodurch es in Einem Geiste und unter gleichen Grundsaͤtzen
oereinigt würde, ohne Beeinträchtiguug der Verschiedenheit, welche durch die Mannigfaltigkeit
der im Umfang Meiner Stagten begriffenen Länder und Menschen und durch deren Stamm,
Sprache, Religion, Gewerbe, besondere Rechte und Einrichtungen nothwendig und durch die
ortwährende Entwickelung der Erziehungs⸗ und Unterrichtskunst herbeigeführt wird. Die
wenigsten Meiner Provinzen sind mit gesetzlichen Grundlagen dafür versehen, unter den vor—
sandenen Provinzial⸗ Schul⸗Ordnungen fehlt Uebereinstimmung in mehreren Punkten, wo sie
erforderlich wäre, alle einzelnen enthalten vieles noch Streitige, oder nach den in andern
nitwirkenden Verwaltungszweigen eingetretenen Veränderungen, so wie nach den inzwischen
fortgeschrittenen innern und äußern Verbesserungen im Schulwesen neuer Festsetzungen Be—
dürftige, und die weniger allgemeinen Bestimmungen, die das allgemeine Land-Recht und
das allgemeine Land-Schul-Reglement vom Jahre 1763 geben, sind zum Theil nicht um—
fassend genug, zum Theil in sich ungenügend, zum Theil auch als veraltet zu betrachten.
Ich habe deswegen beschlossen, dem Erziehungs⸗ und Unterrichtswesen Meiner Staaten,
inwiefern es der öffentlichen Leitung und Aufsicht unterworfen ist, eine Verfassung von dem
oben bezeichneten Eharakter zu geben.
Zu dem Ende sollen zuerst in einem allgemeinen, das öffentliche, wie das Privat—
Schulwesen umfassenden Reglement diejenigen Grundsätze aufgestellt werden, welche das Ge—
meinschaftliche enthalten, worin jenes zusammenstimmen muß, um Erziehungs- und Unter—
richtswesen Eines Staats zu sein, und welche allem Besondern, was daruntet befaßt ist, die
leitende Regel geben, ohne dieses so weit zu binden, daß es gehindert würde, sich seinen
Verhältnissen gemäß eigenthümlich zu bilden und zu vervollkommnen. Auf diese allgemeine
Schul-Verordnung sollen sich demnächst Provinzial⸗Schul⸗Ordnungen gründen, welche be—
stimmen, was in jener, weil es zu spezielle Rücksichten erforderte, unbestimmt bleiben oder
diesen ausdrücklich zu näherer Bestimmung überlassen werden mußte.