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D. Die Kirche erkennt nicht nur über die Befähigung der Lehrer an der Volksschule
zur Ertheilung des Religions-Unterrichtes, sondern sie ist bei allen Prüfungen, durch welche
dieselben überhaupt zur Ertheilung von Unterricht irgend welcher Art befähigt erklärt wer—
den, betheiligt und vertreten (F. 90).
6. Es wird von dem Staate kein Lehrer an einer Volksschule ernannt, gegen welchen
von Seiten der Kirche in religiös kirchlicher Beziehung Einwendungen zu machen sind (8. 52).
7.. Die nächste Beauffichtigung des gesammten Unterrichts, und nicht nur des Reli—
gions-Unterrichts, sowie der ganzen Thätigkeit und Wirksamkeit der Volksschule in Lehre,
Methode und Zucht ist in die Hand des Pfarrers gelegt (8. 63 und folgende).
8. Die Behörden der Kirche und die von ihr bestellten Kommissarien haben nicht nur
das Recht der alleinigen Leitung des religiösen Unterrichtes in der Volksschule, sondern es
ist ihnen auch die Befugniß zugestanden, von jedem anderen Unterrichts-Gegenstand, der
zanzen Richtung und dem Geist der Schule revidirend Kenntniß zu nehmen (8. 74).
Die unter Nr. V. (Universitäten) der Kirche in Bezug auf die theologischen Fakultäten
zugestandenen Rechte bedürfen keiner weiteren Erörterung, um den Einfluß und das In—
teresse der Kirche als vollständig gewahrt und die Hoffnung begründet erscheinen zu lassen,
es werde die Kirche in richtiger Würdigung der Wissenschaft in der getroffenen Einrichtung
der theologischen Fakultäten ausreichende Veranlassung finden, die Bildung ihrer Diener
nicht von der allgemeinen wissenschaftlichen Bildung, wie sie nur die Universität zu geben
vermag, loszuschälen.
Was die unter Nr. III. behandelten Gymnasien, Realschulen und Progymnasien be—
trifft, so ist hinsichtlich der Konfession ihr stiftungsmäßiger Charakter, hinsichtlich ihrer reli—
giösen Richtung das konfessionelle Prinzip, hinsichtlich der Auswahl der für den Religions—
Unterricht bestimmten Lehrbücher sowie der Anordnung des Religions-Unterrichtes die selb—
ständige Bestimmung der kirchlichen Behörde gewahrt. Daß die Lehrer, welchen nach 8. 126
der Religions-Unterricht an diesen Anstalten übertragen werden soll, in Betreff ihrer Quali—
fikation den von der Kirche erforderten Nachweis zu geben haben, und daß die Kirche ihrer—
seits die Verstattung des Lehrers zum Religions-Unterricht an die Ertheilung ihrer Er—
mächtigung (der missio canonica) knüpfen kann, unterliegt keinem Bedenken.
Ich glaube mich Ew. ꝛc. gefälliger Zustimmung versichert halten zu dürfen, daß in
dieser Weise der Kirche jede Garantie geboten und jeder Weg geöffnet ist, um ihre Mission
zur Bildung und Erziehung des heranwachsenden Geschlechtes, unterstützt vom Staate und
Hand in Hand mit ihm, zu erfüllen. Wie in dem Gesetzes-Entwurf jedem seit Jahren
lebhaft geltend gemachten Bestreben, die Schule nicht nur von der Konfession, sondern vom
kirchlichen Leben überhaupt zu lösen, entschieden Widerstand entgegentritt, so konnte in rich—
tiger Würdigung des Rechtes, der Aufgabe und den zeitherigen Leistungen des Staates für
die Schule entgegengesetzten, nach der anderen Seite hin wenigstens eben so weit gehenden
Anforderungen nicht nachgegeben werden.
Wenn die eigenthümliche Stellung des Preußischen Staates in der Vergangenheit
und Gegenwart, seine Zusammensetzung aus Angehörigen der verschiedenen Konfessionen,
auf die er bei Organisation des Unterrichtswesens gleichmäßig Rücksicht zu nehmen hat, und
der Umstand in Betracht gezogen werden, daß das Preußische Unterrichtswesen seine aner—
kannte Tüchtigkeit in den letzten Decennien eben der vom Staate ausgegangenen Organi—
sjation und Fürsorge zu danken hat; so glaube ich die Ueberzeugung aussprechen zu können,
daß der Entwurf in dem der Kirche gegenwärtig auf die Schule eingeräumten Einfluß bis
an die Grenze des Zuzugestehenden und in der legislatorischen weiteren Behandlung Er—
reichbaren gegangen ist.
.Wie es mir daher auf der einen Seite unmöglich sein würde, etwa weitergehende
Ansprüche im Allgemeinen und Einzelnen demnächst vor den Kammern als mit den Rechten
des Staates und mit dem Interesse des Unterrichtes vereinbar. zu vertreten, so bin ich auf
der anderen Seite bereit, die in dem Entwurf aufgestellten Grundsätze mit der unbedingten